Teufel nochmal

Ich habe mich blamiert. Gestern. Schon wieder ging der Feueralarm los. Und ich habe reagiert. Bevor das gefährliche Gehirn unseres sadistischen Feuerteufels überhaupt registrieren konnte, dass der Feueralarm lief, war ich schon auf der Strasse unten. Als Erster. Sieger!
Seltsamerweise bleib ich ich ein einsamer Sieger, denn keiner sonst kam aus dem Gebäude. Ich hoffte schon, alles in diesem Anstaltskomplex wäre endlich zum Teufel gegangen, aber es passierte nichts. Kein Rauch, keine Feuersbrunst, keine Explosionen, keine Implosionen, keine lebenden Fackeln, keine Feuerwehr.
So latschte ich denn wieder, etwas enttäuscht, ins Büro. Der Feuerteufel stand gerade am Eingang und unterhielt sich mit einem Techniker, der an dem Alarmzeugs herumfummelte.

Ich aas:
1 Suppe
1 Schnitzel im Stüberl

Die gestiefelte Feuerskatze

Gestern wäre in der Anstalt aus einer Übung beinahe ein Massaker geworden. Es gab Probefeueralarm und alle wußten, dass es Probefeueralarm ist. Niemand reagierte. Ein paar schauten mit gerunzelter Stirn auf die Uhr, andere seufzten genervt. Wenn ich mich nicht täusche, hat der eine im Eck sogar verächtlich gefurzt.
Aber dann passierte etwas, womit keiner gerechnet hatte. Die Kollegin, vor der alle Angst haben, ist die Feuerbeauftragte! Mein Gott! Sie kam wie der Teufel persönlich aus ihrer Zelle geschossen, mit gelber Jacke, Verbandszeug und anderen Utensilien. In der Hand hatte sie etwas, mit dem sie die ganze Zeit wie wild herumfuchtelte. Niemand konnte erkennen, was es genau war. Eine Reitgerte? Ein Elektroschocker?
„Feuer!“, schrie sie, „Feuer! Aufstehen ihr faulen Ärsche! Raus aus dem Büro!“
Da kam ordentlich Leben in unsere geschlossene Gesellschaft. Als die Kollegin, vor der alle Angst haben, in unserer Tür stand, machte sich sogar etwas Panik breit. Wir mußten raus, aber da stand ja der Feuerteufel in unserer Tür! Der labile Kollege machte in seinem Irrsinn eine Kehrtwendung und wollte aus dem Fenster springen. Wir mussten ihn zurückhalten. Zum Glück wurde die Kollegin, vor der alle Angst haben, abgelenkt. Sie schrie in den Gang: „Aufhören zu reden da  hinten! Sonst komm ich euch! In Zweierreihen, verdammte Scheiße!“ Dann stiefelte sie ganz weg. Wir dachten schon, Schmerzensschreie zwischen den trommelfellzereissenden Tönen der Alarmanlage zu hören. Und waren das nicht Rauchschwaden, die sich da am Boden zogen?
Naja, letztendlich sind wir alle unten auf der Strasse angekommen. Nur ein Kollege, der vom Feuerteufel dabei erwischt wurde, wie er mit dem Lift fahren wollte, wurde nicht mehr gesehen.

Ich aas:
1 französisches Laugenstangerl vom Anker
1 Krapfen vom Anker

Weißer Engel – Abgesang

Ich stand vor dem Anstaltsleiter, er sprach von Deadend und Verzug.
Da sah ich sie hinten am Fenster, sie schwebte herab, strahlend
mit Zähnen aus Plutonium, sie ist ein weißer Engel, mit sechs Titten.

Ich stand vor dem Anstaltsleiter, verstand kein Wort.
Sie lächelte, mit ihren Zähnen aus Plutonium und hauchte zart
bitter wie damals, als ich sie zum ersten Mal sah, im Reaktorkern.

Ich stand vor dem Anstaltsleiter, wollte ihm ins Gesicht furzen.
Doch sie sandte ihren Segen aus Cäsium durch ihn hindurch.
Wie mit Gottes Finger durchs arschnasse Clopapier.

Ich stand vor dem Anstaltsleiter, aber er nicht mehr vor mir.
Oh, Jesus, ich reierte auf den Tisch, sei nicht traurig,
es war nur das Material des Strahlentodes, mit etwas Eiter.

Ich stand vor dem Strahlenengel, sie sagte ‚Strahlemann‘.
Kann sie nicht riechen, kann sie nicht schmecken, kann sie nicht mal.
Nur laufen. Die Beine verbrennen, die Seele leuchtet, grün. Oder gelb.

Ich aas, der Engel in mir:
1 Atomspitz mit Salat

Wohner, Arsch und Küchenleute

Die letzte Woche konnte ich nicht für dich da sein, armer Spatz. War vom E.I.N.L.A.U.F. zu sehr abgelenkt. In der Anstalt, jaja.
Weißt du, die schlimmsten Typen in einer Anstalt sind die „Büroküchenleute“. Wenn die in der Küche sind, Mann! Dann sieh zu, dass du woanders dein Häferl herbekommst. Wie die Geier lauern sie neben dem Scheißgeschirrspüler und wehe, wenn du das verdreckte Scheißgeschirr nicht in den Scheißgeschirrspüler stellst! Dann halten sie dir Vorträge! Ob ich das zu Hause auch mache usw… wenn der wüßte, wie’s bei mir ausschaut!
Diese Büroküchentypen gehören meistens zu denen, die im Büro wohnen. Die „Bürowohner“ sind Tiere, die schon aufgegeben haben zu glauben, dass es noch ein Leben außerhalb der Zellen gibt. Ihre Schreibtische sind mit Blumen, Fotos, Andenken, sauberem Geschirr, der halben Wohnung dekoriert, die rennen mit Puckel, Strickwesten und Lederhauspatschen auf und ab, blasses Gesicht.
Ich selbst gehöre zum Typ „Büroarsch“. Das sind die, die keiner mag. Unsympathisch, schlecht gelaunt. Die stehen bei allem was passiert im Hintergrund  herum und meckern. Wissen, dass ohnehin jedes Schalten und Walten umsonst ist.

Es gibt noch mehr Bürotypen, aber für Montag reichts.
Die letzte Woche aas ich:
Diverses

Die magenleuternde Verschwörung der Europäischen Kommission

Warum immer nur von Verschwörungstheorien phantasieren? Warum einmal nicht selbst Teil einer Verschwörung sein? Ich hab mich immer gefragt, warum es zwar so viele Verschwörungen gibt, aber niemand jemanden kennt, der aktiv an einer Verschwörung mitarbeitet. Einen Bruder, Schwester, oder einen Cousin.
Nun ist es endlich soweit. DU jedenfalls kennst jetzt jemanden, der tatsächlich in eine Verschwörung verwickelt ist – und zwar als aktiver Mitarbeiter. Nämlich MICH! Ja, hurra, ICH bin nun Verschwörungspraktiker!
In der neuen Anstalt sind sie jetzt endlich mit der Wahrheit herausgerückt – warum sie mich eigentlich angeheuert haben: ich muss zwielichtige Vorgaben unserer kryptokratischen EU-Kommission umsetzen.
Seit einigen Tagen schon arbeite ich mich durch tausende Seiten ‚EU commission directives‘ und ‚EU commission regulations‘ – alles im herrlichsten Amtsenglisch. Da ich kein Wort Englisch spreche, geht es etwas zäh dahin mit dem Einarbeiten. Zumindest den Titel dieser EU-Verschwörung habe ich schon teilweise übersetzt. Der abenteuerliche Name lautet: E.I.N.L.A.U.F. – das E steht für ‚European‘, also ‚Europäisch‘, das I für ‚Information‘, also auf Deutsch ‚Information‘, der Rest folgt, wenn ich ihn entziffert habe.

Ich freue mich schon, wenn alle EU-Bürger ein Rohr im Arsch stecken haben, über das sie zentral mit einer EU-Einlaufstelle verbunden sind. Fuck you!

Ich aas:
1 Käsekornspitz
1 Krapfen von Anker

Exit Rawuzer

Was soll der Scheiß? Überall, wo ich zu arbeiten anfange, reißen sie alles ab.
Heute komm ich in der Früh in die neue Anstalt, was muss ich sehen? Der Fußboden ist weg! Ich meine, der Belag! Einfach weg. Ich durchsuche ein paar Räume, alles leer! Komplett leer, alles weg.
Wie ich in meine Zelle latsche, sehe ich einen am Boden hocken.
„Haben sie dich nicht mitgenommen?“, fragt er und grinst blöd. Der Typ hat ein Messer in der Hand und sticht an der Wand herum. Ich hüpf vorbei.
Wo normalerweise meine Werkbank steht, liegt ein Zettel:
„Sorry, haben dich vergessen. Kommen am Montag wieder. CU“ Ich kratz mir den Arsch, dann den Kopf, nochmal den Arsch, fische mir einen Rawuzer aus der Nase und gehe. Der Typ grinst wahrscheinlich noch immer.

Später haben sie mich aus dem Rattenloch angerufen. Ich soll kommen, sonst was passiert was. Ich bin hin, es ist trotzdem passiert. Als sie die Lichter abgedreht haben, bin ich davon. Und hab ein Foto geschossen:

Deutsches Schlafzimmerauge an der Hippiebraut

Heute hatten wir Schulung in der Anstalt. Eine Deutsche war da und hat irgendein Zeug, auf das keiner neugierig war, gefaselt. Die Schnepfe hatte zwar keinen Tau von nichts, aber sie sah ganz interessant aus. Wie eine alte Hippiebraut im Hosenanzug, ein paar gelbe Zähne, schmale Lippen, schiefe Nase, und ich bin mir sicher, dass sie einen ordentlichen Buschen zwischen den Beinen wuchern hat.
Beim Mittagessen kamen wir gleich zur Sache. Weil weißt du, mit den Frauen in meinem Alter geht alles viel einfacher. Ist man sexuell interessiert, dann wird nicht lange herumgeschissen, man spart sich das idiotische Herumgekichere, sagt gleich, was man will. Bei der Nachspeise war schon klar, was laufen würde, und wo. Die Jungspritzer von Kollegen sind mit Glupschaugen dagesesssen und wußten nicht wohin sie schauen sollten.
Leider kam es dann doch anders. Am Ende der Schulung – die Deutsche hatte mich schon mit ihrem Schlafzimmerblick im Visier – fiel mir plötzlich was ein. Scheiße, ich hatte womöglich die Nachbarin noch nicht losgebunden! Du weißt schon: wegen Fasching!
Ich bin so schnell davongelaufen, wie ich noch nie vor einer Frau weggelaufen bin. Nach Hause, zur Nachbarin.

Ich aas:
1 Schinkencroissant
1 Krapfen – beides vom Anker

Der Busch in der Matrix

Wenn alles wie am Schnürchen läuft, ist das ein Hinweis, dass die Matrix gegen Feinde von Innen zu kämpfen hat. Sie kann sich keine neuen Reibereien leisten, darum schmiert sie uns Honig ums Maul.
Gestern hock ich in der Anstalt, nichts zu tun, jede Stunde kommt mir bloß wie eine Minute vor, da fährt der Empfangsroboter wieder mit seinem scheppernden Essenswagen vom Sitzungssaal raus. Ohne etwas gesagt zu haben blieb er vor meiner Zelle stehen und stellt mir eine offene Flasche Rotwein und ein Glas auf den Tisch.
„Matla, wenn du dann noch Wein willst, hol dir einfach noch was aus dem Schrank. Wir haben da grad einen guten Jahrgang drin.“
Ich sehe mich verdutzt um, die Zellengenossen zwinkern mir zustimmend zu. Der vorarlbergerische Liechtensteiner aus der Schweiz sagt nur: „Hascht heute wiedr einen Glückschtag, odr?“ Der Oberandroide kommt rein, sieht, wie ich grad einen beherzten Schluck aus der Flasch ziehe und klopft mir lachend auf die Schulter.
Später läutet das Telefon. Der Empfangsroboter: „Der Kaffee ist fertig, Matla, ich bring in dir rüber, wenns dir jetzt recht ist.“ Da ist was im Busch.

Ich aas gaaaaaaaanz vorsichtig:
1 belegtes Brot mit Ei und Schinken vom Anker
1 Krapfen vom Anker

Nicht das Schlechteste

Na die neue Anstalt ist nicht die schlechteste aller Anstalten. Bin erst seit drei Wochen dort und schon vier Mal leicht angetrunken hinausgegangen. Ist nämlich so: meine Zelle befindet sich irgendwo auf dem Weg zwischen Vorratsräumen und Sitzungssaal. Der Empfangsroboter, den ich mir bereits angelacht habe, rollt da jeden Tag auf einem scheppernden Metallwagen mehrmals massig Kaffee, Brötchen und Wein auf und ab. Alles was die Herren in den Sitzungssälen nicht verprassen, dürfen dann die Anstaltsinsassen in aller Demut essen und trinken. Der Empfangsroboter weiß schon, wenn Wein übrig bliebt, dann ist meine Zelle die erste Anlaufstelle für sie, Glas brauch ich keins. Die Reste der Kekse und Brote darf sie meinetwegen unter dem Fußvolk verteilen.

Ich aas – gestern war Mittwoch und Mittwoch ist Schnitzeltag:
1 Suppe mit Leberreis
1 Schnitzel mit Kartoffelsalat

Der Tod und die Zwiebelsuppe

Um halb drei Uhr morgens wars, als es läutete und klopfte. Wankend stolperte ich zur Haustür. Es klang als wollte Kerberus persönlich meine Bude stürmen. Es war die Nachbarin, sie zitterte am ganzen Körper.
„Was ist los?“, fragte ich.
„B-b-b-b-itte Matla, ich hab es gesehen“, wimmerte sie.
Das Licht am Gang ging aus, es war dunkel.
„Komm rein.“ Ich lotste sie zu meinem Stuhl.
„Ich hab es gesehen!“
„Was hast du gesehen?“ Ich zündete zwei Zigaretten an, gab ihr eine davon.
„Das X auf der Strasse! Matla! Das X!“ Ihr Blick war irre.
„Weiß nicht, was du meinst.“
„Das X, das die Polizei auf die Strasse malt, wenn ich aus dem Fenster gesprungen bin! Wenn sie mich vom Gehsteig runtergekratzt haben!“
„Shit!“, antwortete ich und schenkte ihr einen Becher Rotwein ein. Sie trank ihn in einem Zug leer. Ich gönnte mir einen Schluck direkt aus dem Tetrapack, ging ins Schlafzimmer und holte die Kiste unterm Bett hervor. Dann kontrollierte ich eine Zeit lang mit dem Scharfschützengewehr die Strasse.
„Nichts zu sehen. Die Strasse ist clean… was man von dir nicht behaupten kann.“
„Aber das Schlimmste kommt noch, Matla. Dann habe ich noch etwas gesehen.“
„Und was?“ Ich nahm mir noch einen beherzten Schluck Rotwein.
„Ich habe meinen Namen auf dem Grabstein gesehen!“ Sie zitterte nun noch mehr, ich bekam Angst, sie würde sich in eine andere Dimension vibrieren. Ich musste sie beruhigen.
„Weißt du, ich hab auch was Komisches gesehen“, sagte ich, füllte ihr noch einen Becher Rotwein voll.
„Ich war heute mit den anderen Anstaltsinsassen essen. Mittwoch ist immer Schnitzeltag im Stüberl…“ Ich wartete kurz auf eine Reaktion, aber die Nachbarin hörte mir gar nicht zu. Ich fuhr fort:
„Ich habe beobachtet, dass es bei uns drei Arten von Schnitzelgesichtern gibt: die, die Kartoffelsalat dazu essen, die, die Pommes dazu essen und die, die Reis dazu essen. Zu welcher Art gehöre ich? Was glaubst du?“

Ich aas:
1 Zwiebelsuppe
1 Gordonblö mit Kartoffelsalat