Nichts gesagt

Die Nachbarin kocht ja manchmal für mich. Ich frage mich jedes Mal, wozu, sage dann aber doch nichts, um sie nicht zu beleidigen. Genauso wie damals als sie in einem Kindergarten Helferin war und es sich dann herausstellte, dass sie die Kinder bestohlen hatte. Als die Nachbarin dann plötzlich wieder jeden Tag daheim herum hing, habe ich einfach so getan als wäre das normal. Oder als ihr plötzlich ein Teil des linken kleinen Fingers fehlte… ja, manche Dinge soll man einfach nicht ansprechen… überhaupt sollte man möglichst wenig miteinander reden. Und wenn dann nur Belanglosigkeiten. Zu ungenau ist doch die menschliche Sprache für Dinge wichtigen Inhalts, zu mehrdeutig, Bringer vieler Missverständnisse. Ist ja beim Schreiben nicht anders! Während für mich das täglich (mehr oder weniger) Geschriebene ein geradliniger Weg zum Mittagessen ist und dieses Mittagessen geradezu induziert, fühlst du dich davon irritiert und in die Enge getrieben. Oder liest zwischen den Zeilen, wo es einfach nichts zu finden gibt, Dinge heraus, die nichts anderes als Flatulenzen deiner Phantasie sind. Ein ewiges, nicht lösbares Dilemma!

Ich aas (und es ist einfach ein Ergebnis):
1 Teller mit einem von der Nachbarin fabrizierten widerwärtigen Gemenge aus Nudeln, Semmelwürfel und Sardinen aus der Dose

Heute Koch, morgen tot

Ich habe sie gewarnt. Ich habe sie gewarnt! Die Nachbarin. Sagt sie plötzlich am Vormittag ohne Vorwarnung… einfach so dahingeplaudert:
„Heute werde ich uns etwas Schönes kochen!“
„Neeeeeiiiiiin“, rief ich, „Tu das nicht! Du wirst es bereuen!“
Ja! Aber bereut habe ich es!

Wie kam es dazu:
„Doch, doch. Ich werde kochen. Aber keine Angst! Es wird schnell gehen und billig sein.“
„Na, von mir aus… Aber ich habe dich gewarnt!
So weit, so gut. Die Nachbarin legte los. Plötzlich sagte sie:
„Du schneidest die Chilischote. Die Kerne weg und dann fein hacken.“
Da wurde ich natürlich sofort misstrauisch. Erstens: Arbeit, zweitens: ein Messer! Und hier an diesem Punkt schon hätte ich meinen Instinkten vertrauen und das Weite suchen sollen. Doch ich, in meiner Einfalt, tat, wie mir geheißen!
Ich werkte umständlich herum… Kommentar: „Du stellst dich wie ein kleines Kind an, Matla!“… aber schließlich hatte ich es doch geschafft… mehr oder weniger… Kommentar: „Aber fein hacken schaut anders aus.“
Ich antwortete: „Weißt du was? Ich geh brunzen.“
„Wasch dir vorher die Hände!“
„Geh bitte! Lächerlich.“
Brunzen.
Ich kam nichts ahnend vom Scheißhaus zurück. Die Nachbarin stand nur da und grinste.
„Was is?“, fragte ich.
„Nix. Warte mal.“
„Worauf?“ Und da begann ich zu merken, worauf die Nachbarin wartete. Mein Beidl begann zu brennen! Immer mehr! Mein Gott! Immer stärker! Zuerst dachte ich wirklich, meine Hose hätte vielleicht wegen der Nähe zum Herd Feuer gefangen! Aber nein! Chili! Der Scheißchili! Die Tränen schossen mir aus den Augen. Die Nachbarin lachte wie besessen und rief: „Nicht!“
Ich wischte mir die Augen aus und fragte: „Was nicht?“
„Genau das!“ Sie lachte noch lauter. „Die Augen angreifen!“

Scheiße, ich sag ja immer: „Heute Koch, morgen tot“

Ich aas den Scheiß von der Nachbarin:
1 Teller mit Spaghetti und Sardinen aus der Dose – mit Scheißchili!

Heute Koch, morgen tot