Einsam von Natur aus

Interessantes schreibst du, Johannes – und es stimmt: mi zahts momentan a net so wirklich… aus sehr ähnlichen Gründen! Und ich habe gerade erkannt, dass ich alleine da stehe. Ja, das habe ich gerade erkannt: es gibt in meinem Umfeld niemanden, wirklich niemanden, der so denkt und handelt wie ich. Niemanden! Aber warum!? Übertreibe ich? Sehe ich Dinge zu eng? Zu negativ? Übersehe ich etwas?

Niemand, den ich kenne, scheint auch nur die geringste Notwendigkeit zu sehen, irgendetwas an seiner Lebensweise und an seinen Wertigkeiten ändern zu müssen. Freunde planen im Sommer mit dem Auto durch Europa zu fahren, planen Flugreisen, sogar Wochenendtrips per Flugzeug in nahe Städte, Badeurlaube in Wüstengebieten… ich verurteile das ja nicht! Ist ja jedes Menschen eigene Entscheidung. Aber warum werde ich komisch angesehen oder sogar mit einer leichten Aggression befragt (manchmal sogar ausgelacht), wenn ich mit dem Zug aufs Land komme (meist als einziger) und sage, dass ich kein Auto möchte und nicht mehr fliegen werde? Ist das so unverständlich? So abartig?

Und nochmal: ich verurteile niemanden – steht mir gar nicht zu, denn perfekt bin ich natürlich auch nicht! Ich möchte nur heraus aus dieser destruktiven Komfortzone. Möchte möglichst nur Produkte kaufen, die nicht rund um den Planeten geflogen werden, möglichst kein Fleisch (ich weiß, ist schlecht für meine Wurstsemmeldiät), möglichst keinen überflüssigen Konsum, sich nichts mehr schön reden. Möglichst nichts tun, wofür ich die Rechnung den armen Würschteln aufhalse, die in fünfzig Jahren auf diesem Planeten leben müssen… denn genau das passiert! Wenn ich mit dem Zug fahre, dann zahle ICH JETZT den Preis dafür: höhere Kosten, mit längerer Fahrtzeit, weniger Bequemlichkeit (alles abhängig natürlich von Strecke und Dauer usw). Bei jeder Fahrt mit dem Auto und mit jedem Flug verlange ich, dass künftige Generationen den Preis für meine Zeitersparnis und meinen Luxus zahlen.
Nebenbei: dass das am Land anders ist als in der Stadt, ist völlig klar! Die Zersiedelung erfordert eine gewisse individuelle Mobilität. Aber Hand aufs Herz: geht es wirklich manchmal nicht doch anders?

Manchmal frage ich, wie das mein Umfeld sieht. Entweder höre ich, dass man die Welt ohnehin nicht mehr retten kann – alles zu spät. Oder: solange die Chinesen nichts ändern, bringt es nichts, wenn wir uns bemühen. Oder: naja, keine Zeit, die Kinder usw. Oder: wir leben eh naturverbunden im Grünen und essen dreimal im Jahr Salat aus dem eigenen Garten (aber das hatten wir schon). Ja, alles sehr bequem! Da müssen wir nichts ändern an unserem Verhalten, sondern können einfach weiter machen wie bisher!

Also, Johannes, drück den Knopf! ODER: erklär mir, was ich falsch sehe! ODER: zeig mir die, die ähnlich denken!

Parasitäre Gehirnboykotte

Der Gedanke mit dem Gehirnparasiten hat mich die ganze Nacht in wirren Albträumen beschäftigt! Gleich am Morgen habe ich die Nachbarin wach geschüttelt und gefragt, ob sie meinen Kopf nach Einbruchsspuren absuchen könnte. Im Halbschlaf und mit verklebten Augen hat sie mich nur angefahren: „Warum? Hat dir wer ins Hirn gschissen?“ Bei der folgenden Diskussion kam aber nicht mehr heraus. Schädel unauffällig.
Schnell Frühstück holen und die Bäckerin befragen! Angezogen. Regen, Cowboyhut aufgesetzt und zur Bäckerei gehetzt.
Ich stürmte den Laden mit den Worten: „Hearst!“
„Wos is?“, fragte die Bäckerin – wie immer in vollkommener Ruhe und Ausgeglichenheit in sich ruhend – ohne ihre Arbeit zu unterbrechen.
„Habe ich in der letzten Zeit… wie soll ich sagen… auffälliges Verhalten an den Tag gelegt? Zum Beispiel sehr viel von Boykott geredet?“
Jetzt erst drehte sie sich um zu mir – und da! Sie blickte mir nicht in die Augen, sondern auf etwas auf meinem Kopf! Himmel! „Was was was?“, schrie ich hysterisch und stellte mir schon vor, wie der Gehirnparasit hämisch grinsend auf dem schütteren Haupthaar hockte.
„Du hast den Cowboyhut verdreht auf… so wie Napoleon.“
Meine Güte, ich korrigierte diese Lappalie, atmete tief durch und fragte erneut – mich mit Zähneknirschen zu einer entspannten Formulierung zwingend: „Also was ist mit Boykotten?“
„Nix. Maximal Biskuit und Biskotten.“
Gut, dann war das geklärt.

Ich aas ein Kunstwerk!
1 EKG (Extra Käse Gurkerl)

EKG Kunstwerk


Normaler Boykott

Liebe Christina, lieber Johannes!
Was ich jetzt schreibe, tut weh. Und es ist eine Schande. Eine Schande, dass man über so etwas im 21. Jahrhundert (und das erste Viertel davon haben wir auch bald hinter uns) überhaupt reden muss. Pfui, ihr Menschen, pfui! Und das ist mein vierter Boykott. Ein Boykott des Normalen, denn das gibt es nicht!
Letztens beim Branntweiner war’s wieder so weit. Ein Held betrat die Bühne und stenkerte herum: „Das ist ja nicht normal, dieser ganze LGBTQ-Scheiß! Warum können die Leute nicht einfach normal sein? Herr und Frau, Mann und Weib, halt einfach normal!“ (Wenn du ahnst, was jetzt kommt, dann spar dir die folgenden Sätze und zieh weiter – denn darüber schreiben Bessere als ich und viel mehr.)
2022. Ja, traurig. Wenn mir einer auf die Tour kommt, beginne ich wieder mit der alten Leier (denn habe ich das nicht auch schon vor dreißig Jahren gesagt?) – so wie: du Depp sagst mir nicht, was für mich normal zu sein hat. Oder: vor nicht allzu langer Zeit war es normal, Sklaven zu halten, war es normal, dass Frauen nicht wählen, ohne Mann keine Bankgeschäfte machen durften, dass Kinder in der Schule und die Angestellten vom Chef geschlagen wurden, dass es keine Arbeitnehmerrechte gab… die Liste ist an dieser Stellt noch sehr, sehr lange fortzuführen…
Und genau dafür, dass all das heute nicht mehr möglich ist und ganz anders ist und dass das für uns „normal“ ist, sind Menschen ermordet, geschlagen und gefoltert worden. Deswegen gab es Unruhen, Leid und Kampf.
Ich weiß schon, wenn man ein bestimmtes Alter erreicht hat, wünscht man sich keine großen Veränderungen mehr. Da wäre es einem am liebsten, wenn alles so weiter gehen würde, wie man es kennt – aber das ist ein IRRTUM! Die Menschheit ist noch lange nicht am Höhepunkt oder gar am Ende ihrer Entwicklung, oh nein, da gibt es noch einen sehr weiten, steinigen Weg zurückzulegen. Und es wird immer so sein und es soll immer so sein, dass jeder für seine Rechte eintreten darf. Und es muss dabei immer Wirbel geben! Die, die etwas ändern wollen, müssen das bis ins Extreme treiben, damit die, die mit aller Gewalt nichts ändern wollen, sich zu bewegen beginnen. Und dann werden wir uns – wie bei allen Verhandlungen – in der Mitte treffen und uns die Hand reichen. So meine Hoffnung… vor allem, dass in ferner Zukunft nicht nur endlich die Gleichstellung der Frau erreicht sein wird, sondern dass das „Geschlecht“ sogar irrelevant ist. Welche Relevanz hat das „Geschlecht“?

Ich habe Kuchen geschenkt bekommen. Ohne Butter.

Ich aas das.

Multipler Boykott

Lieber Leser!
Deine multiple Persönlichkeitsstörung wird schlimmer: ich begrüße Christina, Schirrmi, hajonnes und Johannes!
Um dich davon zu kurieren, damit du und deine Persönlichkeiten wieder ins Nirvana verschwinden, möchte ich ein drittes Mal boykottieren – das taugt mir grade so! Und zwar das, was dir scheinbar so unendlich wichtig ist: deinen wertlosen Nachkriegs-Way-of-Life!
Es geschah irgendwann im Herbst, als ich bei Freunden in einem niederösterreichischen Kuhdorf gastierte und an einem schönen Abend mich auf einer Anhöhe erging. Ich war früher schon einmal hier. Saftige Wiesen, die sich sanft im Winde wanden, bis zum Dorf hinunter… sie waren weg! Statt dessen ein neuer Ortsteil voll mit Neubauten junger Familien… aber etwas stimmte hier nicht! All das hätte man auch vor fünfzig, sechzig Jahre genaus so gebaut! Konnte das wahr sein? Hatten wir denn NICHTS dazugelernt? Noch immer viel zu große Häuser, noch immer riesige Garagen, noch immer Rasen, der gemäht und gegossen werden muss, Gärten mit Pflanzen, die Unmengen an Wasser und Pflege brauchen! Neben jedem Haus große eckige Behälter mit Wasser versenkt! Unmengen davon! Zum Schwimmen!
Und die süßen Gemüsegärten! Putzig. Damit wir sagen können, dass wir so gesund und nachhaltig leben, wenn wir dreimal pro Jahr Grünzeug aus dem eigenen Garten essen können! Und deswegen leben wir ja auch am Ortsrand, weil wir wollen ja unsere wertvolle Natur genießen können! Zersiedelung? Schauen wir weg!
Ja, wir müssen dann eben mit zwei Autos jeder allein zur Arbeit und zum Einkauf fahren – nein, geht leider nicht anders, weil mit x Kindern haben wir für etwas anderes leeeeeiiiiiideeeeerrrr keine Zeit!
Und damit der Kitsch perfekt ist, nehmen wir uns auch noch einen Hund, damit wir genau das sind, was sich auch schon unsere Großeltern für unsere Eltern gewünscht haben. Was sie uns eingetrichtert haben. Pflanz dich fort! Bau ein Haus auf Kredit, liebe dein Auto wie auch deinen Griller, flieg in den Urlaub, mach den ganzen Scheiß genau wie wir! Die Bilderbuchfamilie! Dann können wir in unseren hässlichen Gärten beim Griller stehen, mit den noch hässlicheren Nachbarn und besprechen, was man nicht für einen Stress hat, mit dem Haus, dem Garten, dem Hund, den Kindern, der Arbeit, und uns so richtig erwachsen fühlen, weil wir alles nach Plan machen. Und der mit dem größten Haus und den meisten Kindern ist der Leithammel… aber wir fliegen im Sommer eh zur Erholung in den Süden und im Winter gehen wir Schifahren. Was für ein perfektes Leben!
Und im Ortszentrum? Da leben die Alten, die genauso gedacht haben. Aber schade: die alten Witwen jetzt, die in viel zu großen Häusern auf viel zu großen Grundstücken alleine dahinvegetieren… was will man machen. Die Kinder sind halt weg. Man hätte gedacht, dass alle im Haus wohnen bleiben.
Ist das nur in Niederösterreich so? Wo die eine Partei, die von allen gewählt wird, Affen nominieren kann und diese dann automatisch Bürgermeister werden? Diese Affen, die ohne Visionen für die nächsten fünfzig Jahre nur bis zur Gemeindegrenze denken können. (Entschuldigung, ihr wirklichen Affen) Denn auch: wenn der Nachbarort ein Gemeindezentrum hat, brauchen wir unbedingt auch eines! Ist ja wurscht, wenn dann beide keiner nutzt und wie kommen wir dazu, dass wir ein einziges für das ganze Tal bauen!?

Passt. Nun habe ich so ziemlich alles beleidigt, was du liebst: Fussball, Weihnachten und dein armseliges Dasein. Lebwohl!

Ich aas:
Knoblauch mit Zucker?

Mein Mittagessen?



X-Boykott

Liebe Christina, lieber Johannes!
Als Zweites schlage ich vor, wir boykottieren Weihnachten. Ergibt das Sinn für euch?
Mir als Atheist bedeuten christliche Traditionen ja nichts. Nun, wir wissen schon, dass Weihnachten, Ostern usw. aus heidnischen Bräuchen entstanden sind; und da – Achtung Verschwörung – die Kirche diese Bräuche durch erfundene eigene verdrängen wollte, hat sie hier bei der Terminwahl ganz gezielt gearbeitet (Wintersonnenwende etc)… weil leiwaunde Heidenfestln wird man nicht anders als durch List und Tücke los! Prost!
Ich verstehe es ja: die großen Kinderaugen, das heimelige Glitzern und Leuchten, der leck’re Punsch am Christkindlmarkt, heiße Maroni, der Weihnachtsbaum, der schööööne Weihnachtsbaum, die Glöckchen, der Schnee, die Kekse, … mir wird gleich schlecht! Aber was solls! Zu Weihnachten ist es uns egal. Da darf man! Umwelt kaputt, Krieg, Krisen überall, und wir sind ja so umweltbewusst und tun alles, damit die Welt für unsere Kinder lebenswert bleibt, mein Gott, was tun wir nicht alles! Aber zu Weihnachten, da werden wir zu kleinen Wichteldeppen! Ist ja egal, dass ein paar Kilometer weiter die Leute keinen Strom haben und frieren, wir wollen unseren Christkindlmarkt und der muss leuchten verdammt! Und im Garten auch und vor der Tür… ja, nur kleine Lichterl, wenige, weil übertreiben wollen wir nicht, was sagen sonst die Nachbarn! Die könnten ja sonst glauben, die Umwelt und die Energiekrise wär‘ uns wurscht!
Na, und das Spielzeug, den ganzen schönen Kunststoff, und die Elektronik für Mami und Papi… das alles lassen wir uns zweimal um den Planeten fliegen, damit es rechtzeitig eintrudelt – und billig und bequem ist es noch dazu!
Ach, wie schön die Weihnachtszeit doch ist! Auf zum Christkindlmarkt, Kinder! Na klar, mit dem Auto!

Gut. Nach diesem Blödsinn, den ich da verzapft habe, werde ich morgen wieder nur einen einzigen Leser haben (wenn überhaupt). Und das ist gut so.

Ich aas:
2 Semmelstücke



Boykott, Johannes!

Hallo Johannes, wollen wir nicht gemeinsam „Dinge“ boykottieren?
Als Erstes würde ich gern die WM boykottieren. Weißt du, was ich meine? WM ist die Abkürzung für Weltmeisterschaft und die wird gerade aufgeführt. Mit Fußbällen.
Ich tu mir grad so leicht mit Boykottieren – schließlich habe ich diesen Misthaufenblog hier nun auch schon jahrelang boykottiert – und gerade beim Fußball! Generell interessiert mich Sport, den mir fremde Menschen treiben, nicht. Nämlich überhaupt nicht. Wie käme ich auch dazu? Ich meine, es ist schön, wenn Menschen Sport machen. Das hält sie fit und gesund und jung und das entlastet das Gesundheitssystem. Es ist klug und sinnvoll. Früher war ich da etwas steif und habe Fußball „Deppensport“ genannt. „Deppert einem Ball nachlaufen“. Aber das war nur früher so. Bald danach war es mir einfach nur wurscht. So richtig wurscht. Wenn meine Umgebung von Fußball gesprochen hat, habe ich einfach an lustige Dinge gedacht. Zum Beispiel wie einer mit aller Wucht auf einen Fußball tritt, aber nicht weiß, dass er aus Kuhscheiße gemacht ist und damit das halbe Stadion düngt.
Jetzt ist es mir aber nicht mehr wurscht. Die WM in Katar ist mir nicht wurscht! Nein, ich finde sie widerwärtig, abstoßend, hirnrissig. Schon klar, es sind nicht alle für alles schuld und man muss unterscheiden. Aber mir genügt’s. Ich hör‘ nicht hin, seh‘ nicht hin und so wird’s mir wieder wurscht.

Ich aas etwas zu Mittag, aber ich sag nicht waas:
(das ist ein Archivbild)

PS: ich hoffe, es stört nicht, Johannes, wenn ich dich direkt adressiere. Schließlich bist du mein einziger Leser.