Heiliges Wasser

Wenn es regnet, gehe ich gerne raus. So wie heute. Da ist diese verkommene Stadt so rein, alle Sünden und der Grind sind weggewaschen!
Der Abschaum bleibt zuhause und reine Seelen gehen zu Billa einkaufen.

Ich war ja heute praktisch den ganzen Tag im Freien. Habe die Werkbank mit den Kugelschreibern auf die Veranda verfrachtet und mich warm angezogen.
Es ist so schön, wenn es regnet. Ich stehe den ganzen Tag draußen, arbeite und lausche dabei dem Regen. Es ist so  beruhigend.
Einzige Ablenkung ist die alte rostige Regentonne. Hin und wieder löst sich ein kleines Tröpfchen von der kaputten
Dachrinne und plumpst in die Tonne. Das Tröpfchen erzeugt in dieser Regentonne solch überirdische Schwingungen, daß
wahrhaft sphärische Klänge ertönen, die das Universum nicht schöner hervorbringen könnte! Ich MUSS jedesmal, wenn das passiert, einfach zur Tonne gehen, eine zeitlang lauschen und dämlich grinsen. Dann gehe ich aber immer wieder
eifrig zu meiner Arbeit zurück!
Das wird eigentlich nur etwas stressig, wenn es stärker regnet. Denn dann mache ich das ungefähr zehnmal pro Minute.
Da wird mir schwindelig.

Ich esse – mit verklärtem Munde:
1 EKG
1 Apferl

Die heutige Installation nennt sich „Das letzte Abendmahl“. Man sieht die Speisen der zwölf Apostel: Wurstsemmerl, Apferl und Wein. Jesus, symbolisiert durch den alles erlösenden Flaschenöffner, ist das Fleisch.