Kantinische Dualität

Die ersten Wochen verbrachte ich ja hauptsächlich nur im Krankenhaus, nachdem das mit der Nachbarin passiert war. Manchmal, um mit meiner Hilflosigkeit und meiner Verzweiflung nicht ganz alleine dazustehen, hockte ich mich in die Krankenhauskantine und trank irgendwelche picksüße Getränke, die ich mit meinem Flachmann geistig aufwertete.
Die Leute mit ihren aschfahlen Gesichtern zu beobachten, war aber leider nie so lange interessant wie ich hoffte. Auch hier erkannte man recht schnell die zwei klassischen Kategorien von Menschen: die, die sich schon aufgegeben hatten und die, die noch weitermachen. Die einen ließen sich von den Pflegern nur noch mit heraushängender Zunge und verdrehten Augen im Rollstuhl von einem Tisch zum anderen schieben, die anderen kämpften sich selbst auf Krücken Schritt für Schritt vorwärts. Die einen standen mit ihren Beatmungsmaschinen vor der Tür und rauchten, die anderen saßen zitternd und schwitzend bei ihren Tees. Diese abstoßende Widerwärtigkeit der Menschheit schien mir hier im Krankenhaus besonders deutlich zu sein.
Eines Tages setzte sich jemand an meinen Tisch… ich nahm das nicht sofort wahr, denn ich war viel zu sehr mit Realitätsverweigerung beschäftigt. Nach ein paar Sätzen wurde mir schließlich doch bewusst, dass mir gegenüber Helga saß.  Helga, ich kannte sie vom Brandinesa.
„Matla, du musst mich hier rausholen“, flüsterte sie mir zu.

Ich aas:
1 Kornspitz mit Satanszunge

Fleischhacker beim Heurigen

Seit Montag habe ich El Carro zurückbekommen und eigentlich könnte ich nun wieder öffentliche Verkehrsmittel aus meinem Bewußtsein löschen. Aber weißt du was? Ich bin erst einmal mit El Carro herumgefahren. Ich nutze weiterhin die Wiener Linien!
Ich glaube, wenn man sich erst an die abstoßende Widerwärtigkeit der Menschen gewöhnt hat, kann man ganz gut mit ihnen zurechtkommen. Die frühe Fahrt der letzten Tage ins Rattenloch war geradezu ein Genuß! Ich las, hörte Musik und beobachtete die Menschen. Und, du glaubst es nicht, mir ist dabei zum ersten Mal in meinem Leben aufgefallen, daß jeder Mensch anders aussieht. Wenn man sich Mühe gibt, erkennt man in diesem grauslichen Gewühl von Gesinde tatsächlich Individuen. Fast könnte man dem Irrglauben anheimfallen, es wäre interessant, mit dem Einen oder Anderen zu kommunizieren. Ich wage es kaum zu sagen, aber manche dieser Humanoiden könnte man doch eventuell wirklich beinahe als…. ja… möglicherweise sogar als „schön“ bezeichnen. Auch eine gewisse Form von Intelligenz ist mancherorts zu beobachten.
Geht es mir nun wie dem Fleischhacker in Ruhestand? Der nun, befreit von seiner mordenden Berufung, beginnt, Tiere zu lieben, sie als solches wahrzunehmen, ihre Seele zu erkennen?

Ich aas wie beim Heurigen:
1 Käseteller mit Liptauer und Käse
1 Gebäck
1 Kaffee
1 angeschwollener Ring