Reh-A Suppe

Reh-A von Johannes

Danke, Johannes! Danke für dieses sehr aussagekräftige Endzeitbild zum Thema Reha. Es macht mich sehr glücklich, denn es drückt schön die dazu passende Untergangsstimmung aus. Das Reh, wie es da steht und dem Tode ins Auge blickt. Dem Tod, der überall lauert… im Gras und im See… und um nichts weniger auch in Buchstaben.

Die Nachbarin übrigens hat die Reha beendet. Mich macht das ganz nervös, weil ich jetzt nicht weiß, wo ich tagsüber hin soll… sie stellt ja alles auf den Kopf und löchert mich noch dazu unablässig mit Fragen: „Warum stellst du die leeren Flaschen aufs Fensterbrett? Warum stellst du die vollen Müllsäcke alle ins Vorzimmer? Warum liegt am Boden deine dreckige Wäsche? Warum baust du mit schmutzigen Häferln Türme im Waschbecken?“ Und so weiter. Die ganze Zeit geht das so. Seltsamerweise suche ich jedes Mal, wenn sie mir so eine Frage stellt, nach einer Antwort. Es gibt ja genug Gründe, warum ich so handle… naja, im Grunde ist der einzige Grund der, dass ich Dinge, die sich nicht bewegen, einfach nicht wahrnehme. Das ist mein Jagdinstinkt. Angeboren. Steckt einfach in mir drin.  Aber die Nachbarin erwartet gar keine Antworten. Nein, sie erwartet sich eine Art Zeitreise! Von mir! Sie will, dass ich sofort aufspringe und alles so abändere, dass ihre Frage einfach nie gestellt werden hätte müssen!

Außerdem… sie kocht ständig. Darum aas ich heute:

1 Suppe

 

Reha Abenteuer

Die Nachbarin ist momentan schon einige Zeit auf Reha. Tagesklinik. Sie darf daheim schlafen, weil die Zuckungen und die Anfälle schon viel besser sind. Ich selbst sehe ja keine großartigen Unterschiede zu früher… aber die Ärzte machen so ein Theater.
Na jedenfalls erzählt sie mir jeden Abend von ihren Abenteuern im Rehabilitationszentrum. Ich höre immer ganz erstaunt zu, obwohl ich nicht alles verstehe… vielleicht fehlt es mir an Phantasie. Sie macht da so Dinge… mir fallen die Namen nicht ein… wie zum Beispiel so eine Art Thaiboxen… aber in Zeitlupe! Da stehen die Patienten auf dem Rasen herum und einer zeigt ihnen, was sie machen sollen. Die Nachbarin fällt dabei manchmal um, weil alles gar so langsam geht. Sie hat den „Vorführer“ einmal auf meinen Rat hin gefragt: „Und was soll ich machen, wenn mich einer von hinten mit dem Messer angreift?“ Aber irgendwie geht es dabei nicht um Selbstverteidigung.
Ein anderes Mal sagt die Nachbarin plötzlich: „Wokn!“
Ich fürchtete schon eine Art Anfall und fragte ganz vorsichtig: „Wie meinen?“‚
„Heute waren wir wokn.“
Es stellte sich heraus, dass sie „walken“ meinte, wobei es sich im Grunde um Langlaufen im Trockenen ohne Schi handelt. Also… man rennt quasi mit Schistöcken durch die Gegend. Du kennst das. Man sieht solche Leute eh schon sehr oft auch in der freien Natur.
Am liebsten ist der Nachbarin das Schwimmen. Sie sauft zwar jedes Mal ab und muss aus dem Becken gezogen werden, aber sie gibt nicht auf. So ist sie. Eine Kämpferin.

Und ich sitze daheim herum und aas:
3 Spiegeleier mit Brot