Matla pees

Am Mittwoch war ich zum erstenmal nach 20  Jahren wieder des Abends aus. Ja, du hörst richtig. Ich habe  das Haus, um zu trinken, verlassen.

Dabei mußte ich ganz schön umdenken. Ich wäre fast in Unterhose und  Badeschlafpn auf die Straße  gelatscht. Und weil ich halbwegs  normal aussehen wollte, habe ich versucht, mich zu rasieren. Ich  gab es aber bald auf. Die Klinge war stumpf und stark angerostet  und mein Bart unüberwindbar.
Während sich die Bim elendslangsam die Strasse entlang  quälte, fiel mir wieder ein, warum ich Strassenbahnfahrten  vermeide. Es ist dieser überaus aufdringlich menschliche  Gestank.
Aber ich kam letztendlich doch an. In einer irischen Bruchbude  namens „Charlie pees“. Wir saßen im Keller. War recht  angenehm. Kaum Sauerstoff und die Musik zu laut für  Smalltalk.
Eine Frage stellte ich mir aber den ganzen Abend. Schmeckt  tatsächlich jedes Bier aus Gläsern derart  abgefuckt? Wie  nasse Socken über Schweißfüßen mit Nagelpilz?  Ich trinke seit Jahren Bier nur aus Dosen und Flaschen. Und egal  welche Sorte ich trinke, das Bier schmeckt ausreichend gut.
Zufälligerweise war am Mittwoch auch gerade Rockkaraoke. Ich  war von den Typen ziemlich begeistert, die keinen graden Ton aus  ihrem Maul bekamen und trotzdem vor Publikum sangen!
Früh genug verließ ich den Keller, um daham noch ein  Fläschchen Rotwein zu trinken. Inspiriert durch den
Karaokeabend sang ich später am Balkon gemeinsam mit einer  Katze aus der Nachbarschaft lauthals „O sole mio“.

Ich esse, während ich mir die Drohbriefe durchlese:
1 EKG
1 Apferl, ach nein: 2 Nektarinen

Underscore Love

Liebe _susi!

Hier hast du noch EINMAL mein Essen:
1 EKG
1 Apferl

Morgen bin ich dahin. Urlaub. 10 Tage Segeln vor Sizilien. Die legendäre Strasse von Messina und Stromboli.

Mach dir keine Sorgen. Sollte ich dabei draufgehen, werde ich weitersegeln. Gen Westen. In das gelobte Land, wo der Rotwein besser ist.
Wo man kein Kopfweh davon bekommt.

Zum Abschied ein Foto:

Nervenfrage im Doppelliter

Die heutige Wurstsemmel ist bildhübsch. Doch mußte ich viel dafür erleiden.

Normalerweise werde ich bei Billa an der Wursttheke stets hervorragend bewirtet. Die Damen, die aus dem Land stammen, aus dem alle Billawurstthekendamen kommen, machen das perfekt. Heute jedoch wurde ich von einem Mann abgefertigt, der scheinbar in Deutschland
geboren worden ist.
D:“Was darfs denn sein?“
M:“Ja, bitte ein Semmerl mit Extra, Gouda und Gurkerl.“
D:“Semmel mit Extrawurst?“
M:“Ja, bitte. Und mit Gouda und Gurkerl.“
D:“Und mit Gouda?“
M:“Ja, bitte und mit Gurkerl.“
D:“Und Gurkerl. Sonst noch was dazu?“
M:“Nein, danke. Nur das Semmerl mit den eben besprochenen Inhalten.“
D baut das Semmerl.
D:“Welcher Käse darfs denn sein bitte?“
M:“Bitte Gouda.“
D:“Wieviele Scheiben Gouda wünschen Sie denn?“
M:“Drei bitte. Ungefähr. Muß nicht abgezählt sein.“
D:“Eins, zwei, drei. Darfs sonst noch was sein?“
M:“Ja, bitte. Gurkerl dazu.“
D:“Aber bitte gerne. Gurkerl.“
Ich war mit den Nerven am Ende. Wollte er die Dicke meiner Nervenstränge prüfen? Oder mich verarschen? Oder hat ihn mir meine Mutter auf den Hals gehetzt?

Ich weiß es nicht, aber ich esse:
1 EKG
1 Doppler Spitzenqualitätsrotwein
1 Flasche Coca Cola zum Abmischen
1 Banane, die mir die Nachbarin gestern in die Hände drückte. Ein Hinweis?

Gelsen sind furchtbar oder das perfekte Ende einer Geschichte

Das Wochenende war schön. Mein Gott (jeder beliebige), war das Wochenende schön! Ich war bei Freunden außerhalb der Stadt. In einem alten Landhaus mit einem kleinen See, wo wir den Sommer schon als Kinder verbrachten. Alles sieht dort sehr nach Ikea-Katalog aus.
Wir saßen unter riesigen Weiden im Schatten, tranken Rotwein und die Schmetterlinge, die uns vor der Nase herumflogen, verjagten wir. Nachmittags eine kleine abkühlende Ruderbootfahrt am See, die Schwäne neben uns und die Gelsen hinter uns. Am Abend entfachten wir ein Lagerfeuer, um zu grillen. Jemand hatte Bratwürste aus Tofu mitgebracht. Unter lautem Gelächter waren wir uns einig: hier, in dieser Idylle, wollten wir uns nur von natürlichen Lebensmitteln ernähren. Kein künstliches Fleisch!
Als die Hitze am größten war, ziegte mir die Herrin des Hauses ihr riesiges Glashaus.
Sie sprach: „Spürst du die angespannte Stille und die unangenehme Hitze hier?“
„Ja.“ Man hörte nur ein paar Schmeißfliegen, nichts bewegte sich.
„Paß auf, ich zeige dir etwas.“ Die Herrin begann die Pflanzen zu gießen und ein altes Lied zu singen. Wie eine Tänzerin bewegte sie sich zwischen den riesigen Blumentöpfen und goß mal hier und mal da. Auf einmal merkte ich eine Veränderung. Die Pflanzen begannen sich zu bewegen, ein kühlender Luftzug entstand. Die Herrin tanzte immer schneller, drehte sich immer mehr und sang dabei: „Sie leben, sie leben, ich werd‘ ihnen Wasser geben!“ Im Glashaus toste es schon, der Wind brauste, die Pflanzen bewegten sich im Takt des Liedes und mir rannen die Tränen übers Gesicht.
Da erkannte ich es. Hier stehen vielleicht alle unter Drogen und jetzt ist die Geschichte aus, weil ich muß jetzt weiterarbeiten.

Mit einer Jacke sitze ich hier im Rattenloch. Die Heizung ist kaputt, es ist saukalt.
Trotzdem esse ich:
1 Apfel
1 Extrawurst-Gouda-Gurkerl-Kombination in einer klassischen Kaisersemmel