Maria Theresia, Ihre hyperaktive Durchlaucht

Meine Herrin und Kaiserin,

Eure Frage ist wohl sinnig und durchaus gerechtfertigt. Das Kind würde fürwahr nicht sofort sein unflätiges Geschrei beendigen! Jedoch, meine Herrin, hier darf ich verweisen auf den Faktor „Zeit“. Das Kinde hat zu lernen, was bedeutet die Zeit. Oh ja! Es wird schreien und schreien zunächst, sodass selbst Belzebubs Arschwasser zu kochen begänne. Doch mit der Zeit, Eure Durchlaucht, wird es aufhören, das böse Geschrei, und übergehen in wehmütiges Gejammere und schließlich wird das Kind erkannt haben, dass die Zeit, ja die Zeit, so lange ist, so unendlich ist, dass alles Keuchen und Fleuchen… oh sorry, Alte, das Handy läutet!

Ich aas in aller Eile:
1 Käseleberkäsesemmel

Schnittling

Ja, ich war bei Freunden. Die haben ein paar Kilometer außerhalb von Wien ein Haus mit Riesengarten und Schwimmteich. Sehr interessant, muss ich sagen.
Normalerweise nämlich nehme ich Pflanzen überhaupt nicht wahr… oder Tiere, nein, Tiere auch nicht. Und Menschen übrigens sowieso nie. Aber was ich sagen will: aus einer Laune heraus fand ich plötzlich diese überwältigende Pflanzenvielfalt in ihrem Garten umwerfend, im eigentlichsten Sinne des Wortes. Ich hatte richtig Lust, mich zwischen die Brennesseln zu setzen und Photosynthese zu spielen, und wild zu wuchern!
Nachdem mich die Insekten ins Haus getrieben hatten und die Hausherrin sah, wie ich schmutzig, schwitzend, mich am ganzen Körper kratzend am Wohnzimmerteppich stand, ernannte sich mich zum Pflanzenbeauftragten und bat mich, einen Bund Schnittling (Schnittlauch) aus dem Garten zu holen. Stante pede startete ich eine Expedition zum Gemüsebeet und holte das grüne Zeugs (dabei bemerkte ich neben dem Basilikum eine Reihe psychoaktiver Pflanzen – die Nachspeise würde ein Hit werden).
Zurück in der Küche sagte die Hausherrin: „Wir müssen wohl neuen Schnittlauch anbauen.“ Dann säuberte sie den Schnittlauch, den ich samt den Wurzeln ausgerissen hatte.
Und die Nachspeise war ein Hit!

Ich aas irgendwann zuletzt in der Anstalt:
1 Krapfen

Geschichten aus der Gruft einer Domina im Blauen Engel

Am Freitag war ich im Jenseits. Ja, du liest richtig. Im Jenseits. Im „Tanzcafe Jenseits„. Eine alte Domina, die ich noch früher kenne, hat dort irgendwas gefeiert – mir wurde den ganzen Abend nicht ganz klar, was – und ein paar Sklaven in das reservierte Hinterzimmer eingeladen. Wie auch früher durften wir sie nur mit „Herrin“ (gesprochen: „Hörrin“) anreden und mußten mit Socken in der Unterhose herumlaufen.
Ich habe mich dort sofort wohlgefühlt. Das „Tanzcafe Jenseits“ erinnerte mich nämlich an eine Bar in Berlin, in der ich in den späten 30er Jahren Kellner war. Damals war diese Bar ein angesagter Treffpunkt für niedere Soldaten, die aber gutes Trinkgeld gaben, und leichte Mädchen. Rotes düsteres Licht, alle Möbel mit dickem purpurnen Samt überzogen, dicke Rauchschwaden zogen durch das Lokal und Soldaten, die Akkordeon spielen konnten, waren der Mittelpunkt des Geschehens. Naja, das war in einem anderen Leben.
Am Freitag jedenfalls lernte ich ganz zufällig an der Bar im „Tanzcafe Jenseits“ eine Frau kennen, die einen schwarzen Ledermantel trug und einen riesigen Hut tief ins Gesicht gezogen hatte. Ich wollte eigentlich nur ein Biertschi bestellen und mich gleich wieder im reservierten Hinterzimmer unter dem Rock der Domina verkriechen, aber die Frau sah mich ständig an – ich spüre so etwas. Leider dauerte die Bestellung sehr lange. Mir wurde von ihren Blicken so unwohl, daß ich sie schließlich fragen mußte, was mit ihr los sei. So kamen wir ins Gespräch und zuletzt fragte sie mich, ob ich mit ihr mitgehen wolle. Ich merkte gleich, daß sie nicht ganz dicht war und sagte ja.

Ich esse während es mich regelmäßig vor Grauen und Ekel abbeitelt hier in der Cantina des Rattenlocherls ein dreigängiges Luxusmenü:
1 Grießnockerlsupperl
1 Frankfurter mit Senf und Tomatenmatsch
1 Kleiner Brauner

Gelsen sind furchtbar oder das perfekte Ende einer Geschichte

Das Wochenende war schön. Mein Gott (jeder beliebige), war das Wochenende schön! Ich war bei Freunden außerhalb der Stadt. In einem alten Landhaus mit einem kleinen See, wo wir den Sommer schon als Kinder verbrachten. Alles sieht dort sehr nach Ikea-Katalog aus.
Wir saßen unter riesigen Weiden im Schatten, tranken Rotwein und die Schmetterlinge, die uns vor der Nase herumflogen, verjagten wir. Nachmittags eine kleine abkühlende Ruderbootfahrt am See, die Schwäne neben uns und die Gelsen hinter uns. Am Abend entfachten wir ein Lagerfeuer, um zu grillen. Jemand hatte Bratwürste aus Tofu mitgebracht. Unter lautem Gelächter waren wir uns einig: hier, in dieser Idylle, wollten wir uns nur von natürlichen Lebensmitteln ernähren. Kein künstliches Fleisch!
Als die Hitze am größten war, ziegte mir die Herrin des Hauses ihr riesiges Glashaus.
Sie sprach: „Spürst du die angespannte Stille und die unangenehme Hitze hier?“
„Ja.“ Man hörte nur ein paar Schmeißfliegen, nichts bewegte sich.
„Paß auf, ich zeige dir etwas.“ Die Herrin begann die Pflanzen zu gießen und ein altes Lied zu singen. Wie eine Tänzerin bewegte sie sich zwischen den riesigen Blumentöpfen und goß mal hier und mal da. Auf einmal merkte ich eine Veränderung. Die Pflanzen begannen sich zu bewegen, ein kühlender Luftzug entstand. Die Herrin tanzte immer schneller, drehte sich immer mehr und sang dabei: „Sie leben, sie leben, ich werd‘ ihnen Wasser geben!“ Im Glashaus toste es schon, der Wind brauste, die Pflanzen bewegten sich im Takt des Liedes und mir rannen die Tränen übers Gesicht.
Da erkannte ich es. Hier stehen vielleicht alle unter Drogen und jetzt ist die Geschichte aus, weil ich muß jetzt weiterarbeiten.

Mit einer Jacke sitze ich hier im Rattenloch. Die Heizung ist kaputt, es ist saukalt.
Trotzdem esse ich:
1 Apfel
1 Extrawurst-Gouda-Gurkerl-Kombination in einer klassischen Kaisersemmel