Törnbericht Kykladen 2009 – Teil IV

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3. Tag Kythnos – Syros:
Früh des Morgens holten wir nach einer Runde Schwimmen den Anker ein und verließen die Bucht Stephanou auf Kythnos. So schnell wie möglich setzten wir die Segel – die Stärke des Windes lag noch immer bei 20 bis 25 Knoten. Mit Kurs Ost brausten wir Richtung Syros, Wind und Welle kamen von Backbord querab. Zuerst segelten wir nur mit Genua, doch ging der Wind auf 5 Beaufort zurück und so setzten wir auch wieder das Großsegel. Ich brauchte nicht lange Zeit, um in den Rhythmus der Wellen zu kommen. Anluven, abfallen, anluven, abfallen. Dieses Dahin auf den Wellen hatte regelrecht hypnotisierende Wirkung auf mich. Es war wie Meditation. Die Crew hing entspannt an Deck herum, schmierte sich mit Sonnenmilch ein und genoß die hängenmattenähnliche Schaukelei.
Doch jäh wurden wir aus unserer Eintracht gerissen. Ein Minikaventsmann überrollte unsere Artemis und mit einem Schlag waren wir alle von Kopf bis Fuß plitschnass! Wir schreckten auf, sahen uns etwas dämlich an und begannen ausgelassen zu lachen! Schön ist es am Meer!
Die nassen Sachen ließen uns jedoch im Wind schnell frieren und deshalb zogen wir einfach alles aus und schmissen es durch den Niedergang unter Deck. Ein paar Minuten fuhren wir einfach nackt weiter und ließen uns lufttrocknen, bis einer nach dem anderen sich frische Sachen aus seiner Kajüte holte und wieder Position an Deck bezog.
Für die Insel Syros hatten wir uns auf den Hafen Phoinikos geeinigt. Wir entschieden uns gegen Ermoupolis, der Hauptstadt von Syros, weil der dortige Hafen von Abwässern verschmutzt sein soll. In Phoinikos hatten wir Glück, wir ergatterten den letzten freien Platz. Die dortigen Segler berichteten uns, daß der Hafen schon seit Tagen, seit Zunahme des Windes, praktisch voll belegt sei. Sie wollten auf einen günstigeren Wind warten, um wieder loszufahren. Wir erkundigten uns nach den Kosten, doch stellten wir mit Erstaunen fest, daß in diesem Hafen Strom und Wasser für die Schiffe gratis war. Immer mehr wurde uns klar, daß Griechen nicht geldgierig waren. Oder schlechte Geschäftsleute.
Wir waren froh, an Land gehen zu können und machten einen kleinen Rundgang in dem kleinen Städtchen, checkten gleichzeitig Versorgungsmöglichkeiten für den nächsten Morgen.
Wir konnten nicht ahnen, daß bald, sehr bald, unser friedliches Dahinleben ein Ende haben sollte. Unser Schicksal würde ein hartes sein.

Blick auf den Hafen von Phoinikos (obere Bildmitte) – man sieht die Hafeneinfahrtsfeuer:

Diese seltsame Betonplattform versaut jedenfalls den ganzen Strand. Aber dafür stimmt endlich das Datum auf dem Foto.

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Heute aas ich:
1 Lappen Toastbrot
1 Apfel

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Törnbericht Kykladen 2009 – Teil III

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So sah das also am zweiten Tag aus. Klicke auf das Bild, dann wirds groß. Ich kann mit meinen altersschwachen Augen nicht erkennen, ob man da das fliegende Wasser sieht.

Wir versuchten mit dem zweiten Reff und gereffter Genua Richtung Kea zu segeln. Das war das eigentliche Tagesziel,  ging aber nicht. Wir konnten maximal am halben Wind segeln. Ich habe herumexperimentiert, mit den Holepunkten der Genua, mit dem Traveller, mit den diversen Liekspannern, möglichst flache Segelprofile, wenig Twist. Ich habe lange verschiedene Möglichkeiten versucht, manchmal gings besser, dann kam wieder eine Böe, da war selbst das zweite Reff zuviel. Wegen der Kotzerei wurde ich auch bald müde und die Crew war sowieso schon in der Versenkung des Selbstmitleids verschwunden. Ich holte also das Großsegel ein und fuhr nur mehr mit gereffter Genua – ist zwar nicht die feine englische Art, aber zumindest beanspruchte es mich nicht so sehr. Ich sah zu, den Kurs auf die Südspitze von Kithnos halten zu können.
Irgendwann am späten Nachmittag hatten wir dann das Südkap von Kithnos erreicht. Ich holte die Genua ein und startete den Motor. Nach so einem Tag ist es für mich in Ordnung ohne Segel zu fahren. Gegen Wind und Welle hopsten wir in die Bucht Stephanou. Laut Seekarten eine große Bucht mit gutem Ankergrund.
Kaum in der Bucht, sah das ganze schon freundlicher aus. Hier war der Wind wesentlich schwächer und die Sonne wärmte wieder unsere frierenden Gebeine. Wir stoppten auf, fuhren den Anker gut ein und ließen fast die ganze Kette raus. Ich wollte heute Nacht schließlich mit ruhigem Gewissen schlafen und Magensäfte sammeln.
Mit dem Beiboot machten wir noch einen kurzen Ausflug an den einsamen Strand und wanderten im Sonnenuntergang etwas in den Hügeln herum. Wir trafen einen Hirten, der auf seinem Esel herumritt und ein Liedchen trällerte. Bevor die Dunkelheit die Insel völlig gefangennahm, verzogen wir uns wieder aufs Boot und dann bald in unsere Kojen.
Leider wurde die Nacht nicht so ruhig, wie ich hoffte. Fast genau um Mitternacht wurde ich wach, weil der Wind heftig im Rigg zu singen begann. Schicksalsergeben zog ich mein Ölzeug an, schnappte mir Polster und Decke und schleppte mich an Deck. Stellte Sprayhood und Bimini auf, und hielt halb dösend und halb wach Ankerwache.
Zum ersten Mal seit langer Zeit konnte ich hier auf Kithnos wieder die Milchstraße am Sternenhimmel erkennen. Und das, obwohl der Wind richtig unheimlich klang, wie er so durch das Rigg pfiff. Ja,  der Meltemi macht das Segeln manchmal etwas ungemütlich, doch nirgends sonstwo hast du wegen seiner reinigenden Kraft so einen blauen Himmel und so viele Sterne.
In der Bucht Stephanou vor Anker:
Klick klick

PS: wundere dich nicht über das falsche Datum auf den Fotos – es war in der Kamera einfach nicht richtig eingfestellt.

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Ich aas nun in Erinnerungen schwelgend:
1 Apfel
1 Käse
1 Käse
1 Brot

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