Der Propellerheilige

Wir waren am Wochenende zum Essen eingeladen. Ich mag sowas normalerweise nicht, Nahrungsaufnahme ist mir zu lästig als darum Rituale zu veranstalten. Doch die Nachbarin und ich hatten das Paar schon lange nicht mehr gesehen, also nahmen wir an.

Ich weiß nicht, wie viele verschiedene Arten von Lebensmittel sie uns in weißgott wie vielen Varianten vorgesetzt haben. Ich jedoch konnte mich gar nicht so richtig aufs Essen konzentrieren. Irgendetwas lenkte mich ab. In deren Haus stand nämlich allerhand Gerümpel herum, sie nannten es „Antiquitäten“. Und dann wurde mir klar, was mich die ganze Zeit irritierte. Am Schrank mir gegenüber stand eine vergammelte, hölzerne Heiligenfigur. Solche, wie man sie normalerweise nur in Kirchen findet. Über seinen Kopf hatte der alte Knochen so etwas wie einen goldenen Propeller montiert, sollte wohl den Heiligenschein symbolisieren. Ich sagte: „Ich mag den Propellerheiligen da drüben nicht. Er starrt mir aufs Essen.“
Der Herr des Hauses zu seiner Frau: „Siehst du? Ich hab dir schon so oft gesagt, dass wir den auf den Müll schmeißen sollen.“
Die Frau: „Nein, der bleibt. Ich mag ihn.“
Ich: „Ich mag sein Grinsen nicht. Und seine roten Wangen.“
Nachbarin: „Er sieht wie ein Perversling aus, wie ein Jungfrauenschänder!“
Ich: „Sieh nur, der hat sogar einen Harten unter seiner Kutte.“
Frau: „Aber nein, das sind nur die Falten, Matla!“
Nachbarin: „Jaja, darum trägt er ja die Kutte.“
Der Hausherr steht auf, holt den Propellerheiligen, stellt in mitten auf den Tisch und sagt:
„So was machen wir ihm?“
Ich: „Wir könnten ihm eine Silvesterrakete in den Arsch stecken und davonschießen.“
Frau: „Ihr seids ein Haufen Idioten!“
Nachbarin: „Stellt ihn in eure Sauna.“
Herr des Hauses: „Oder wir probieren die Mikrowelle!“
Und so ging es dann lange dahin. Als wir betrunken waren, trieben wir noch immer allerhand Scherze und folterten ihn.
Am nächsten Tag mussten wir den Propellerheiligen suchen gehen, er war spurlos verschwunden.

Ich aas im Stüberl und dachte an den lüsternen Propellerheiligen, den jemand achtlos im Komposthaufen vergraben hatte:
1 Suppe, welche nach pürierten Krapfen schmeckte
1 Schnitzerl, welches sich nicht fotografieren lassen wollte