Die Gefahr aus dem Loch

Seit Wochen bin ich im Loch. Neuer Brotjob. Hat mir die Nachbarin vermittelt… hält mich daheim nicht mehr aus. Ein Riesengebäude, in dem locker tausend Irre hin und her laufen. Trotzdem. Wie im Loch. Ich vereinsame dort völlig. In einem Großraumbüro mit zehn anderen. Niemand spricht, alle scheinen mit ihren Bildschirmen verwachsen zu sein… Regierungsnaher Konzern. Weiß nicht genau, was die eigentlich genau machen. Die Putzfrau hat mir erzählt, dass sie angeblich biochemische Massenvernichtungswaffen nach Afrika liefern… die Putzfrau ist zwar nicht ganz dicht, aber sie ist die einzige Person in dem Verein, die ein Lachen im Gesicht trägt. Von allen anderen höre ich am Vormittag immer nur „Morgen“, zu Mittag bis zur Kaffeezeit „Mahlzeit“ und danach „s’Gott“. Am liebsten würde ich jedem in einer instinktiven Reaktion ins Gesicht spucken. Ich kann’s nicht mehr hören! Ich antworte, wenn überhaupt, nur noch mit einem undeutlich gesprochenen „Leck mich“.
Das Einzige, auf das ich mich jeden Tag freue, ist mein Mittagsritual. Da öffne ich „www.matla.at“ und bekomme als Antwort: „Dieser Inhalt wurde als gefährlich eingestuft und wird daher blockiert.“ Das macht mich glücklich… es zaubert mir jeden Tag ein böses, zufriedenes Grinsen ins Gesicht. matla.at wird als gefährlich eingestuft! Von der Regierung! Besser könnte es nicht laufen! Geil! Ich würde mir dabei ja gerne einen runterholen, aber die Sau, die neben mir sitzt, schielt immer ganz verstohlen herüber, wenn ich mir den Sack massiere.

Heute im Unlustkrankenstand aas ich:
1 Semmerl mit Extra und Cheddar

Der Propellerheilige

Wir waren am Wochenende zum Essen eingeladen. Ich mag sowas normalerweise nicht, Nahrungsaufnahme ist mir zu lästig als darum Rituale zu veranstalten. Doch die Nachbarin und ich hatten das Paar schon lange nicht mehr gesehen, also nahmen wir an.

Ich weiß nicht, wie viele verschiedene Arten von Lebensmittel sie uns in weißgott wie vielen Varianten vorgesetzt haben. Ich jedoch konnte mich gar nicht so richtig aufs Essen konzentrieren. Irgendetwas lenkte mich ab. In deren Haus stand nämlich allerhand Gerümpel herum, sie nannten es „Antiquitäten“. Und dann wurde mir klar, was mich die ganze Zeit irritierte. Am Schrank mir gegenüber stand eine vergammelte, hölzerne Heiligenfigur. Solche, wie man sie normalerweise nur in Kirchen findet. Über seinen Kopf hatte der alte Knochen so etwas wie einen goldenen Propeller montiert, sollte wohl den Heiligenschein symbolisieren. Ich sagte: „Ich mag den Propellerheiligen da drüben nicht. Er starrt mir aufs Essen.“
Der Herr des Hauses zu seiner Frau: „Siehst du? Ich hab dir schon so oft gesagt, dass wir den auf den Müll schmeißen sollen.“
Die Frau: „Nein, der bleibt. Ich mag ihn.“
Ich: „Ich mag sein Grinsen nicht. Und seine roten Wangen.“
Nachbarin: „Er sieht wie ein Perversling aus, wie ein Jungfrauenschänder!“
Ich: „Sieh nur, der hat sogar einen Harten unter seiner Kutte.“
Frau: „Aber nein, das sind nur die Falten, Matla!“
Nachbarin: „Jaja, darum trägt er ja die Kutte.“
Der Hausherr steht auf, holt den Propellerheiligen, stellt in mitten auf den Tisch und sagt:
„So was machen wir ihm?“
Ich: „Wir könnten ihm eine Silvesterrakete in den Arsch stecken und davonschießen.“
Frau: „Ihr seids ein Haufen Idioten!“
Nachbarin: „Stellt ihn in eure Sauna.“
Herr des Hauses: „Oder wir probieren die Mikrowelle!“
Und so ging es dann lange dahin. Als wir betrunken waren, trieben wir noch immer allerhand Scherze und folterten ihn.
Am nächsten Tag mussten wir den Propellerheiligen suchen gehen, er war spurlos verschwunden.

Ich aas im Stüberl und dachte an den lüsternen Propellerheiligen, den jemand achtlos im Komposthaufen vergraben hatte:
1 Suppe, welche nach pürierten Krapfen schmeckte
1 Schnitzerl, welches sich nicht fotografieren lassen wollte

Pascha Naturalia

Nichts Neues. Die Österlichen Rituale sind vorbei. Dieses Mal habe ich versucht, alles richtig zu machen. Du weißt ja, Ostern ist so wie Weihnachten Sinnbild für den Kreislauf des Lebens. Ostern bedeutet nicht nur Überwindung des Lebens und Überwindung des Todes, nein nein, denn in neun Monaten ist Weihnachten, das für die Geburt steht. Was bedeutet, dass zu Ostern Gott in Maria ejakulierte. Der Kreis schließt sich. Geburt, Tod, Auferstehung. Für uns Anhänger der Naturreligionen haben diese beiden Daten, Ostern und Weihnachten, nichts mit der Heiligen Römisch-Katholischen Kirche zu tun. Diese beiden Abschnitte des Jahres waren schon weit länger Zentrum menschlichen Handelns, lange bevor es noch Jesus und Päpste gab. Und so vollzogen die Nachbarin und ich die österlichen Rituale unter freiem Himmel, unter der Schirmherrschaft der Göttin (die mit den geilen, großen Titten und dem breiten Arsch). Unter uns die Ostereier, die uns die Wissenschafter aus CERN durch das schwarze Loch gesandt haben und über uns die Sterne. Im innigen Gebet vereint, flehten wir zweistimmig zur Göttin: „Maria Ejakulata! Lass deine Frucht saftig und die Stengel knusprig sein!“

Ich aas:
1 Brot
1 blaues Osterei – es ist heil
1 Liptauer
1 Käse

Ficken, Fressen und Saufen

Im Grunde bin ich ein ziemlich emotionsloser Mensch. Die meisten Dinge interessieren mich nicht, berühren mich kaum. Bestes Beispiel: Ficken. Bereits wenige Minuten nach Beginn der Initiierungsrituale (gegenseitiges Ablecken, heftiges Atmen, Begrapschen, Drücken der Geschlechtsteile usw.) entsteht in mir der Gedanke, es könnte ein Fehler gewesen sein, es überhaupt so weit kommen gelassen zu haben. Nach der ersten halben Stunde des Aktes komme ich mir dann schon ziemlich blöd vor. Rein, raus, rein, raus, Stellungswechsel, rein, raus, rein, raus. Was soll das hier eigentlich? Ist es die Mühe wirklich wert? Man weiß ja, worauf es hinausläuft. Eine Stunde lang abrackern, nach dem Höhepunkt – wenns überhaupt soweit kommt – wenige Sekunden etwas überdreht und sofort die schmachvolle Ernüchterung. Wofür hat man sich da bloß hergegeben? Man kennt das ja:
„Stört es dich, wenn ich jetzt nach Hause gehe?“
„Aber du wohnst ja hier, matla.“
„Is ein Argument. Kannst du dann gehen?“

Beim Essen geht es mir ähnlich. Nun, eigentlich ist es da noch schlimmer, denn Sex habe ich wenigstens nur alle paar Jahre einmal. Essen tue ich fast täglich. Und es ist ein Jammer. Alles schon gesehen, alles schon versucht. Es bringt nichts mehr – Essen ist nur mehr Nahrungsaufnahme, um dem Körper das Notwendigste zu geben. Ob es gut riecht oder nicht, ob es schmeckt oder nicht, es ist mir egal. Je weniger ich essen muß, um nicht umzufallen, umso besser. Ein Menü mit drei Gängen? Zeitverschwendung.

So etwas wie Enthusiasmus taucht bei mir nur mehr auf, wenn ich einen Joint baue, die Shisha für eine längere Sitzung vorbereite, beim Saufen oder wenn ich das Katana in die Kücheneinrichtung jage.

Scheiß drauf. Ich aas:
1 Paprika
1 Brot
1 Käse

Der seelenlose Hüllentrip mit dem Kriegskind

Ich habe meinen Körper verlassen. Ich stehe neben dem Fleischklumpen, den man als Matla bezeichnet, und durch reine Gedankenübertragung befehle ich dieser nun seelenlosen Hülle, mit den Fingern auf die Knöpfe der Tastatur zu klopfen, um Blödsinn zu schreiben. Es ist ein Wunder. Jetzt weiß ich leider auch, wie die Frisur der Hülle von hinten aussieht. Es ist ein Wunder.
In diese neue Art der Transzendenz trat ich schon gestern ein. Gestern vormittag nämlich, nachdem ich aus dem Wochenendkoma erwacht war, befand ich mich bereits in einer Art Zwischenwelt. Halb tot und halb halbtot wandelte ich umernander, erblickte unaussprechliche Gegenden und sprach mit seltsamen Wesen. Unter anderem mit Satan Klaus, den ich schon letztes Jahr mit der Flak vom Himmel geholt und dann in einem postweihnachtlichen Ritual enthauptet hatte – schöne Grüße übrigens. Ich unterhielt mich aber auch mit dem ehemaligen Christkind und habe nun leider schlechte Nachrichten für dich: heuer kannst du das Christkind vergessen, heuer kommt das Kriegskind zu dir und den anderen Deppen. Du wirst keinen Weihnachtsbaum ins Zimmer gestellt bekommen, sondern einen Atomsprengkopf. Und jedes Päckchen, das am Boden liegt, ist ein kleines Büchschen der Pandora. Öffnest du auch nur eines davon, wirst du und die anderen Deppen elendig eingehen – aber, unter uns gesagt, das wirst du früher oder später sowieso, also gib dich keiner Hoffnung hin.
Mittags erging sich meine Hülle im Billa und kaufte ein. Ich selbst war nicht dabei, was sich auch im Ergebnis des Einkaufs zeigte. „Hüttentee“ hat die Hülle gekauft! Hüttentee mit Aromastoffen für Trauben-Rumgeschmack! Ekelhaft! Läßt man das Zeug jedoch in heißem Schnaps ziehen, schmeckt es erträglich. Am frühen Nachmittag ging die Hülle bald darnieder und nach einer langen Nacht in Fieberträumen und Wahnvisionen hockt die Hülle hier im Rattenloch und führt meine Befehle aus.

Zu essen befahl ich:
1 Mai-oh!-Näse-Salat
1 Kaffee
1 Gebäck

Illuminierter Ochsengrill

Im Haus des Herren der Kugelschreiber war er. Und er erkannte die sakrale Illumination seines Rituals.

Seine Bediensteten, also die des Kugelschreiberherrschers, hatten einen Ochsen am Grill – ich jedoch, der einsame Pilger, asketisch in allen Belangen des Lebens, esse keine Tiere und schlapfte zum nahen Interspar, um mir folgendes zu kaufen:
1 EKG
1 Apferl

Ich war etwas nervös und habe beim Fotografieren irgendwie die Einstellungen am Handy verstellt. Dieses Foto kam dabei heraus:

Wie du Komiker siehst, habe ich ein Aurafoto meines Essens erschaffen – in mir stecken wohl ungeahnte mediale und so weiter Fähigkeiten.
Nun weiß ich, daß ich Heiliges esse. Das Essen strahlt und die Welt dahinter geht unter.