Schmelztod in der Weihnachtsbäckerei

Warm ist’s seit einer Woche in meiner Lieblingsbäckerei. Wenn die Chefin lacht, weil Kinder und Menschen mit offenem und triefendem Munde vor den frischgebackenen Leckerein stehen und staunen, bebt ihre Brust wie Pudding (und trotzdem sieht man sich vor, um nicht von dem weichen Fleisch erschlagen oder erstickt zu werden). Es riecht nach Zimt, Kardamom und anderen Gewürzen. Eine Welt des Staubzuckers erstreckt sich in der Auslage, Schokoladeberge, Karamelseen und Vanillebäume, von hier nach da, von oben bis untenhin. Man kann nicht widerstehen, man muss es haben. Die braunen Kügelchen, die weißen Kipferl und die gelben Sternchen! Jeder gutgemeinte Vorsatz (den sich die Idioten genommen haben, die ständig auf Diät sind) ist dahin! Ich weiß, es genügt nur ein Wort und meine Seele wird pickert. Weihnachtsgeist (der Dritte), gib mir die Kekse in der Stunde meines süßen Todes!
„Na, was darf’s denn sein, Herr Matla?“
„Das. Und das. Und das. Und das. Und das. Und das. Und das auch. Und das. Und das. Und das sowieso. Und kann ich nächstes Jahr zahlen, wenn ich das Urlaubsgeld bekomme?“ Die Chefin weiß, es ist gelogen. Ich bekomme nie Urlaubsgeld und trotzdem gibt sie mir alles, was ich will.
Ich verlasse die Weihnachtsbäckerei, greife das Sackerl, hole mir das erstbeste Stück heraus und schlucke es. Hoppla! Ich vergessen zu beißen! Kein Geschmack! Noch ein Versuch. Es klappt nun. Ich schmelze auf der Stelle und fließe in den Kanal.

Ich bin heute nach unzähligen Schmelztoden wieder normal auferstanden und aas:
2 Brot
1 Liptauer
1 Käse
1 Apfel Kronprinz Rudolf
1 Apfelkren
1 Bavaria blu

Das Weihnachtsloch

Wenns draußen bitter kalt ist, wenn der Schnee fast bis zum Dach reicht, wenn die Landschaft nur mehr unförmige weiße Unendlichkeit ist, wenn die fast zugewehten Fenster der warmen Backstuben am frühen Morgen güldern leuchten und nun auch am Abend, weil emsig viele Weihnachtsleckerein gebacken werden müssen, wenn die Straßen nach Zimt und Kardamom riechen, dann ist es nicht mehr fern, das hohe Fest. Deine ganze Sehnsucht gilt dem prasselnden Kaminfeuer, Geborgenheit durch Wärme, unerhöhrt schöne Weihnachtsmusik, die die Heerscharen der Engel, den Herren und die glorreiche Geburt seines Sohnes lobpreisen, in den Ohren, du kuschelst dich ins Schafsfell am Sofa, und schlürfst selbstgemachten Tee mit Heilkräutern. Du denkst an Menschen, die du liebgewonnen hast, und die dir fehlen. Weihnacht überall!
Weil auch ich mich diesen Gefühlen mit voller Gewalt hingebe, beschloß ich gestern Abend, ein paar Leute anzurufen, mit denen ich schon lange nicht mehr gesprochen habe. Ich nahm mein Handy und öffnete die Kontaktliste – ich wollte einfach Eintrag für Eintrag durchgehen, um zu sehen, wen ich denn da finden würde. „Arschloch“, so der erste Eintrag. Okay, den überspringen wir. „Arschloch1“, nein, auch nicht. „Arschloch11“, na gut, den probier ich. Da hob keiner ab. „arshlöcher“, mit dem hatte ich Erfolg… immerhin ein Tonband einer sozialen Einrichtung. Dann kam „Muttern“. Nein, mit der rede ich schon lange nicht mehr. Der Eintrag danach war auch schon der letzte. „Unaussprechlich Häs“, nun, ich war sehr gespannt, wer sich melden würde. Die Nachbarin.
„Ich telefoniere nur mit Arschlöchern.“, sagte ich.
„Und? Was rufst du mich da an?“, fragte die Nachbarin.
„Naja, es hört nicht auf.“, antwortete ich und legte ganz vorsichtig auf, fast so, als hätte ich Angst, ihre rächende Faust könnte direkt aus dem Telefon auf mich fahren.

Und ich aas:
1 Apfel
1 Käsemonstrum
1 Gabelbissen