Männerbummel

Ich bin noch immer vom Wochenende erledigt. Komm‘ einfach nicht auf Touren. Gestern in der Anstalt sagte ich zu einem: „Hearst, hau ma bitte ane in de Goschn, damit i munta wia.“

Ja, das Wochenende. Habe mich von der Nachbarin wieder zu einem Bummel durch die Mariahilferstrasse überreden lassen… rückblickend gesehen, war es nicht schlecht… obwohl die Stimmung der Nachbarin nicht gerade die Beste war.
Wie durch ein Wunder war ich beim Einkaufsbummel sehr geduldig – das könnte eventuell mit meinem kontinuierlichen Drogenkonsum zu tun haben. Ich ertappte mich immer wieder dabei, wie ich, während die Nachbarin in den Kaufhäusern ewig lang irgendwelche Kleidungsstücke durchsuchte, mit hängenden Schultern einfach nur in der Gegend herumstand und sinnlos „Dinge“ anstarrte. Z.B. Probiersocken, Babyschuhe, die Nippel von kopflosen Kleiderpuppen, Hosenträger, leere Schuhschachteln, meine Gürtelschnalle im Spiegel und sowas. Die Nachbarin brauchte mich nur von Laden zu Laden schieben. Irgendwann fand ich mich auf einem Stuhl im Freien wieder. Kaffeepause. Die Nachbarin saß mir gegenüber und beobachtete mit gerunzelte Stirn die Lemminge, die am Gehsteig hin und her rannten. Sie machte einen tiefen Lungenzug von ihrer Tschick und fragte mich dann:
„Hast du die Typen gesehen, Matla?“
„Was?“
„Die Typen! Hast du die gesehen? Und da! Die beiden da auch! Schau mal! Siehst du die?“
„Was is?“
„Fällt dir dabei gar nichts auf? Und der da! Schau! Matla! Schau!“ Die Nachbarin wurde immer lauter.
„Tschuldige, aber ich sehe nur unklare Farbflecken vor meinen Augen wandeln.“
Die Nachbarin tat so, als hätte sie mich nicht gehört.
„Hier laufen doch nur Waserln herum, Matla! Da schau! Noch so ein Hosenscheißer! Wo sind hier die echten Männer?“
„Welche Männer? Wovon sprichst du?“ Wenn die Nachbarin mit solchen Sachen begann, verstand ich kein Wort. Ich bestellte zum Kaffee ein Vierterl Rotwein, die Nachbarin nur Rotwein.
„Sieh nur, wie sie gekleidet sind, wie sie sich verhalten! Wie sie sprechen! Ihre Piepsstimmen! Das gibt’s ja nicht! Ist das noch normal? Haben die überhaupt Eier? Weißt du, früher, da hatten die Männer noch Eier! Und schau, was die Schlampen neben uns essen! Salat! Die Weiber heute sind auch schon für’n Arsch!“ Während die Nachbarin immer lauter wurde und sich furchtbar über alles mögliche aufregte, musste ich grinsen. Inzwischen hatten wir die finsteren Blicke aller uns umgebenden Menschen auf uns gezogen.
„Hast du deine Tage?“ (Schwerer Fehler.)
„Du bist auch so ein verblödetes Arschloch!“, brüllte sie, sprang auf, schleuderte mir ihre Handtasche um die Ohren und rannte davon. Ich blieb noch eine Weile, trank alles aus und wankte dann nach Hause.

Wer weiß schon, wie es weitergeht. Ich aas:
Marillen – und zwar schon den zweiten Tag, aus einer Kiste heraus. Ich scheiße inzwischen wie ein Miststreuer!

Der Weg des Mannes

Jetzt weiß ich, was hier los ist! HAHAAAA! Die Nachbarin ist schuld an meinen Rückenproblemen! JAWOLL! So schaut’s aus!
Gestern habe ich mir so meine Gedanken gemacht: warum der Rücken? Wo kommt das her? War ja früher nie ein Thema. Was hat sich geändert? Oder werde ich wirklich schon alt? Und als ich da gestern so nachdenklich, mit gefurchter Stirn, am Clo von der Nachbarin hockte, um zu pissen, da kam es mir: ich sitze beim Pissen! Das ist neu! Das hat sich geändert! Das ist unnatürlich! Die Nachbarin hatte es mir befohlen: auf ihrem Clo darf Mann nur im Sitzen pinkeln, denn – ich zitiere: „Ich habe keine Lust auf ein Scheißhaus, das von der Decke bis zum Boden voll mit Urinflecken, -spritzern, -tropfen ist, nur weil du deinen Schwanz wie ein Lassowerfer ausschütteln musst!“ Gequält erhob ich mich von der Closchüssel, mit krachendem Rücken, und schwor mir: nie wieder Sitzpinkeln!  Der Nachbarin würde ich es jetzt geben! Na warte! Und mit den Feuchttüchern musste nun auch Schluss sein!
Wütend stampfte ich rüber ins Wohnzimmer, wo die Nachbarin… in ihrem Fauteuil mit offenem Bademantel und nassen Haaren hing…
„Was hast du, Baby?“, fragte sie mich und drehte mit dem Zeigefinger ihre Schamhaare ein.
„Ich… äh…“
„Na, was denn?“
„Mañana, Baby, mañana“, fiel mir nur ein und vergaß alles in ihrem Schoß.

Ich aas:
1 Kübel Wurstsalat – ich werde jetzt alles nur mehr in Kübeln kaufen – ist viel praktischer.

In Essig und Öl

Die Rückenschmerzen sind beinahe überstanden. Der Komasuff gestern hat mich anscheinend dermaßen entspannt, dass die Heilung in großen Schritten voranschreitet.
Dennoch habe ich mir in meiner Angst überlegt, die Rückenmuskulatur zusätzlich gezielt mit Nahrung bei ihrer Gesundung zu unterstützen. Daher habe ich mir heute – Mittwoch ist Schnitzeltag – einen Kübel Kartoffelsalat in Essig und Öl besorgt. Denn wir wissen: die Beilagen sind es, die uns groß und stark machen.

Es ist nun eine Stunde her, dass ich den heilenden Kartoffelsalat zu mir nahm – natürlich, pur, ohne Schnitzel, reine Beilage. Außer einem gewissen Juckreiz am Hodensack kann ich noch keine wundersamen Fortschritte in der Genesung erkennen. Egal. Gib der Medizin die Zeit, die sie braucht!

Ich aas
1 Patzen Kartoffelsalat

Nachbarinsschuss

Viele meiner Freunde sind an Erbrochenem erstickt. Hendrix, Bonham, usw. Ich habe mich immer gefragt, wie das geht. Nun weiß ich es.
Gestern nämlich kam die Nachbarin mit ihrem Putzfimmel angetrabt und suderte herum. Normalerweise wenn sie ihre Putz-deine-Matla-Wohnung-Phase hat, beginne ich meine Einrichtung kurz und klein zu hauen, um sie wieder auf den Boden der Realität zu führen. Doch gestern brachte sie mich doch tatsächlich dazu, an einem Fleck in der Badewanne zu arbeiten – bin momentan knapp bei Kasse – nur damit sie Ruhe gab. Der Fleck, zuerst recht unscheinbar, stellte sich als unlösbares Problem heraus. Er wollte einfach nicht weg, obwohl ich einige Minuten mit einem Buttermesser daran herumkratzte. Zuletzt war alles rund um den Fleck aufgekratzt, nur der Fleck nicht. Ich gab auf und erhob mich. UND DA: ein Stich im Rücken!
Die Schmerzen waren enorm, ich konnte fast nicht atmen, nicht einmal Schreien war möglich! Ich tastete meine Wirbelsäule ab, um die Stelle zu finden, an der sie gebrochen und die Knochen durch die Haut getreten waren. Nichts zu finden. Vorsichtig quälte ich mich Zentimeter um Zentimeter in die Küche, wo die Nachbarin gerade Ordnung in die Spüle brachte.
„Alte, verzieh‘ dich lieber“, presste ich hervor. Sie hörte mich gar nicht. Um auf mich aufmerksam zu machen, warf ich die Vase mit Plastikblumen, die mir die Nachbarin zu Ostern geschenkt hatte, vom Kästchen neben mir auf den Boden. Erschrocken sah sie mich an.
„Bitte. Stell mir alle vorhandenen Weinflaschen auf den Tisch und lass‘ mich allein.“ Die Nachbarin verstand das und war weg.

Heute morgen erwachte ich und wusste nicht genau, was los war und wie ich ins Bett gekommen war. Als ich mich erheben wollte, erinnerte ich mich: Scheiße, das Kreuz! Ich konnte nicht aus dem Bett, es ging einfach nicht. Ich versuchte, mich mit  Schwimmbewegungen in der Luft hochzubringen – lächerlich. Da kam die erste Katerwelle. Kotz! Auf die rechte Schulter! Roch nach einer Menge Wein. Da! Noch eine Welle! Kotz! Auf die linke Schulter. Die Kotze schwappte so richtig aus mir heraus – ich brachte sogar einmal eine lustige kleine Fontäne nach hinten zustande, die dann teilweise auf meiner Stirn landete.
Nachdem sich mein Körper wirklich vollständig entleert hatte, kam die Nachbarin.
„Bloß ein paar Minuten zu spät“, lachte ich gequält. Die Nachbarin stand bereits mit Haushaltshandschuhen da.
„Hilf mir bitte auf und lege mich in die Badewanne. Dann werde ich dem verdammten Fleck einiges zu sehen geben.“

Ich aas vorsichtig unter Schmerzen und der Aufsicht der Nachbarin:
1 Brot
2 Stück Käse

Die schnelle und die langsame Schlange

Wenn ich mal zur Stoßzeit in die Anstalt muss, gehe ich lieber zu Fuß. Da sind alle Menschen in Autos, Straßen- und U-Bahnen zusammengepfercht und die Gehsteige sind leer. Das ist gut für mich und mein Seelenheil.
Als ich letztens grade die Anstalt erreiche, kommt auch die Strassenbahn zur Haltestelle rein und presst die Leute raus – mir kommt das immer wie Stuhlgang bei Verstopfung vor. Da bildeten die Lemminge vor mir zwei Reihen. Die auf der linken Seite des Gehsteiges, die eigentlich ein Fahrradweg ist, war voll von den Typen, die in die Bürogebäude auf der anderen Strassenseite liefen – meine Anstalt ist auch dort. In der rechten Reihe latschten die entlang, die zum AMS vor mussten. Die Arbeitslosen, du weißt schon. Schon seltsam. Die Reihe der Bürohengste war wesentlich schneller, die Leute auch sehr viel größer und dünner. Die AMS-Reihe dagegen zog wie eine Horde von Pinguinen dahin. Die watschelten mit ihren Plattfüßen und dicken Ärschen ziemlich armselig die Strasse entlang. Automatisch hatte ich mich rechts gehalten, doch überlegte ich kurz, ob ich die Seite wechseln sollte. Auf die schnelle Seite, die sportliche. Aber ich ließ es. Hatte dann doch zuviel Angst von einem Handytelefonierer überrannt zu werden.

Heute sieht es traurig aus in meinem Kühlschrank. Bin daher rauf zur Nachbarin. Da fand ich aber auch nur das, was ich vielleicht doch noch aas:
1 Kübel mit altem Obst – bereits sehr nach Kompost riechend.

 

Klimper

An gräulichen Tagen wie dem heutigen hocke ich manchmal einfach irgendwo und klimpere auf der Gitarre herum. Ich versuchte mich am Vormittag an der Mondscheinsonate – im Stile von Led Zep. Babe, I’m gonna leave you, sag ich nur. Tu mir etwas schwer, denn nach Jahrzehnten meines orientierungslosen Gitarrestudiums bin ich wohl trotzdem erst so weit wie eine Volksschülerin nach drei Lerneinheiten. Mir wurscht.

Ich aas – und es ist schwer, es bei mir zu behalten, denn die Katze der Nachbarin hat heute ihren Kotztag und ich muss es mitansehen:

1 Toastbrot mit Schinken, Käse, Gurken, Senf, Mayo – was die Nachbarin eben so in ihrem Kühlschrank liegen hat.

 

Schlumpfiges Leben

Du kennst die Schlümpfe oder? Jeder kennt die Schlümpfe.
Und die Nachbarin hat ein Schlümpfespiel auf ihrem Handy. Ist das verdammtnochmal niedlich! Sie kann da schrittweise das Schlümpfedorf aufbauen! Die Goldmünzen, die sie dafür braucht, verdient sie sich im Spiel durch den Anbau von Gemüse in den schlumpfigen Gemüsebeeten. Dafür darf sie nach getaner Arbeit das Schlumpfdorf mit Blumen, Parkbänken und anderem Zierrat verschönern. Je besser man das macht, umso schneller steigt man die Levels hinauf. Und die Nachbarin machte das sehr kreativ. Ein Häuschen da, ein Gemüsebeetchen dort, ein zwitscherndes Vöglein dazwischen.
„Deine Augen funkeln ja so!“, sagte die Nachbarin erstaunt, als sie mir das Spiel vorführte. „Willst du das auf deinem Handy auch, Matla?“
Oja! Und wie!“ Ich hatte dabei die Zähne zusammengebissen.
Die Installation des Spiels ging recht unkompliziert und schon legte ich mit meinem eigenen Dorf los…
Ein paar Tage später hatte ich die Nachbarin überholt! Im Schlumpfspiel hatte ich viel mehr Gold als sie, viel mehr Schlümpfe, viel mehr Häuser, viel mehr Felder, viel mehr, mehr, mehr!
„Lieber Himmel! Dein Dorf sieht ja wie ein russisches Arbeitslager aus!“, rief die Nachbarin erschrocken.
Ja! Sie hatte recht! Diese verfickten Schlümpfe ließ ich Tag und Nacht auf den Feldern schuften. Die eine Hälfte der Spieloberfläche war übersät mit Plantagen, in der anderen standen die Häuser in Reih und Glied, Mauer an Mauer, ohne Freiraum und Farbe. Kein Schlumpf läuft bei mir unnütz in der Gegend herum, jeder hat sein eigenes Feld.
Und ich habe auch ein paar Raupen gekauft… die sind größer als die Schlümpfe und grinsen ziemlich hinterlistig. Das sind die Aufseher. Und wehe ein Schlumpf pariert nicht, dann wird er von den Raupen in der Luft zerfetzt und gefressen.
Ich habe alles so arrangiert, dass die Schlümpfe, sollten sie doch einmal die Plantagen verlassen können, automatisch in einen umzäunten Pferch laufen, wo sie dann wie irre hinundherrennen.

Ja, bei den Schlümpfen ist es wie im wirklichen Leben: ohne Fleiß kein Preis. Und ich aas:
2 Scheiben Toastbrot
3 Scheiben Wurst

Wiedersitzen

Gestern bin ich gleich nach dem Blogeintrag zur Nachbarin rauf – da sieht man die Prioritäten.
„Wo warst du die letzten zwei Monate, du Arsch?“, fragte sie mit müden Augen.
„Ja, weißt du“, erklärte ich und hin und her.
„Gut, dass du wieder da bist“, sagte sie nach einer Weile. Sie hatte mich in ihre Wohnung gelassen und mir ein Glas Wein gegeben. Sie zündete zwei Zigarreten an, steckte mir eine davon ins Maul und nun hockten wir wieder im Halbdunkeln herum und sogen wie die Irren Alkohol und Rauch ein.
Nach einer Weile kam mir der Gedanke, dass es doch angenehm zu wissen war, irgendwohin zu gehören. Aber davon sagte ich ihr nichts.

Ich aas:
1 Mohnsemmel mit Wursträdern und Bier

Auch nun zu nichts nutze

„Sie müssen das tun, Matla!“
„Aber mich interessiert das nicht.“
„Ihr Blog war doch sehr erfolgreich. Hatten Sie nicht einmal sehr viele Stammleser?“
„Ja, aber ich hasse sie. Und den Misthaufenblog hasse ich auch.“
„Als ‚literarisch hochwertig‘ wurde er doch auch einmal bewertet, haben Sie mir erzählt, Matla.“
„Ja und? Scheiß der Hund drauf. Ich mache mir nichts aus Kunst und Literatur.“
„Wie gesagt: sie müssen das tun“, sprach der Psychiater.

Ich hab’s aufgegeben, den Widerstand, und schreib‘ jetzt dann wieder. Nach meiner mehrwöchigen – sagen wir mal – „Abwesenheit“ wegen des Problems mit – sagen wir mal – „König Minos und seinem Labyrinth“, sind nun meine ersten geschriebenen Worte – in Gedanken verfluche ich dich ohnehin seit jeher – an dich, den nichtsnutzigen Leser:
Steck dir den Finger in den Arsch und schau mit dem Ofenrohr ins Gebirge.

Ich aas:
EKG