Schlepper

Das Leben besteht aus Sachen herumschleppen. Ist doch wahr! Was ich schon in meinem Leben herumgeschleppt habe! Spielzeug, Schultaschen, Frauen, Wurstsemmeln, Bierkisten, Doppler, Drogen, Zigaretten, Einkäufe. So viele Einkäufe!
Versuch mal ganz bewusst, eine Woche lang NICHTS herumzuschleppen. Das geht gar nicht! Ständig heißt es: bring mir dieses, kauf mir jenes, komm mal her… man schleppt sich selbst ja auch durch die Landschaft!
Sie reden dauernd von Evolution. Aber hier hat sie vollkommen versagt! Zwei dünne, schlauchförmige Arme, ein hilfloser Korpus auf zwei viel zu schwachen Beinen. Was soll das? Wie soll man damit der Schwerkraft trotzen? Wäre da eine Entwicklung Richtung Pegasus nicht sinnvoller gewesen? Ein Lasttier mit Flügeln!

Ich aas:
1 mild-feinen Herren mit Brille


Knallnada

Ich lag bäuchlings am Sofa, schnarchte, der Speichel rann mir aus dem Mund… als die Nachbarin hereinkam. Sie kickte ein paar leere Bierdosen weg und sah mich an… ich merke so etwas… ist so eine Art Radar bei mir.
„Hnnnn…“
„Matla!“
„Wnnn?“
Nach einer Weile saß ich, kratzte mir die Eier und das Kinn, zupfte das schütter werdende Haar aus dem Gesicht. Sie redete auf mich ein… irgendwas von Beziehungen. Ich verstand das nicht und legte mich wieder hin. Wie üblich gab sie keine Ruhe. Obwohl sie weiß, dass mich das aufregt.
Ich war schon immer misogam. Wozu? Man weiß doch schon lange, dass Ehe und Monogamie für die meisten Menschen einfach nicht funktionieren. Das Konzept, sein Leben lang mit dem gleichen Menschen zusammen zu sein, ist ein Irrtum. Dabei auch noch eine Wirtschaftsgemeinschaft zu gründen… ein fataler Fehler. Ewige Abhängigkeit, Ärger, Düsternis, finstre Morgen, sinnloses Gequatsche, leere Abende, Gewohnheit. Jeder der Partner sehnt sich nach Dingen, die der andere nicht mehr bieten kann. Solange die Vorteile überwiegen… klebriges Dasein.
„Warum sind wir dann noch zusammen, Matla?“
„Sind wir das?“
„Es sind Jahrzehnte!“
„Weil du nur ein paar Türen weiter wohnst. Du ziehst ja nicht weg. Wenn’s ein paar Meter mehr wären, würden wir uns schon längst nicht mehr sehen.“
Die Tür knallt. Sie geht.
Morgen kommt sie trotzdem wieder. Oder ich zu ihr.

Ich aas Nada. Es ist nichts da.

Scharwenzeldilemma

Ja, Johannes. Ich hatte das Rattenloch hinter mir gelassen. Nur Idioten arbeiten!
Aber die letzten Monate hat sich etwas geändert. Mein Leben lang habe ich am Monatsende stets die letzten Schillinge und dann Euros für Bier und Tschick ausgegeben. Und das tat ich mit einer sehr befriedigenden Genugtuung – und auch mit einem gewissen Stolz. Aber jetzt ist alles so teuer, dass ich manchmal die letzten Münzen fürs Monat anstarre und nicht weiß, ob ich die nächsten Tage essen, rauchen oder saufen soll. Am ehesten könnte ich noch am Essen einsparen, aber das hat auch Grenzen! Es ist zum Heulen… und so kam es, dass Matla doch wieder im Rattenloch war.

Daher war die Geschichte von gestern eher anders. Als der Herr der Kugelschreiber aufgetaucht ist, bin ich hechelnd um ihn herum scharwenzelt und habe an seinem Arsch gerochen – so wie es Katzen tun – um seine Stimmung zu eruieren und möglichst unterwürfig – so wie es Katzen überhaupt nicht tun – seine Aufmerksamkeit bekommen zu können.

Ich aas:
1 Semmel mit Käseleberkäse und Pfefferoni

Weg V

(Inhaltsverzeichnis)

In diesem Schuljahr wurde ich schnell erwachsen, bald konnte mir keiner mehr etwas sagen. Eine gewisse Abartigkeit manifestierte sich in mir. Und diese Abartigkeit wurde von den anderen akzeptiert, von einigen sogar bewundert. Ich riss so manchen mit mir in den Abgrund. Viele machten es mir nach, zogen alte, zerschlissene Kleidung an, ließen sich die Haare wachsen, begannen zu rauchen und zu saufen, was das Zeug hergab. Wir fetzten den letzten braven Jungfrauen ihre mit Rüschen verzierten, zugeknöpften Kleider vom Leib und vögelten sie der Reihe nach. Nicht, dass es ihnen nicht gefallen hätte – ihre nach Freiheit und Berührung schreienden Titten sprangen uns förmlich entgegen. Das Erlebnis mit der griechischen Maria hatte ich schnell verdaut und, eigentlich, dürstete ich nach mehr davon.
Nach den ziemlich wilden und manchmal auch unbeholfenen Gerangeln hatte ich immer den Drang, die Mädchen zeichnen zu müssen – ich war von ihren geröteten Wangen und ihren befriedigt lasziven Blicken fasziniert.
Manche unserer Clique bildeten sich ein, Hippies zu sein, dachten und handelten nach ihren Idealen, hörten ihre lächerliche Blümchenmusik. Ich hatte die Schnauze voll von Idealen und blieb der rockige Einzelgänger, der sich nicht so viel dabei dachte, wenn er in der Nacht betrunken mit siebzig Sachen in einem Auto durch die Fußgängerzone schoss.
Irgendwo fand ich immer jemanden, mit dem ich Spaß haben konnte. Mit einigen Typen gründete ich eine Band. Ich konnte kein Instrument spielen, brachte mir aber in kürzester Zeit bei, Schlagzeug zu spielen. Alle wunderten sich, wie so etwas möglich war. Ich sag‘s ja, ich war begabt. Des Gitarristen Vater glaubte irgendwas in mir entdeckt zu haben, er wollte mich fördern und schenkte mir ein altes Schlagzeug, das auf seinem Dachboden dahingammelte.
Unsere Band war nie sehr gut, aber laut. Wir spielten bei Partys für freie Getränke, einmal bei einer übereilten Hochzeit eines jungen, unglücklichen Paares. Unser bester Auftritt, und auch unser letzter, war bei einem Maturaball in der Kellerbar. Irgendwer hatte Beziehungen und verschaffte uns diese Möglichkeit. Wir wurden nach drei, vier Liedern von den Veranstaltern nach einer kleinen und für uns aussichtslosen Keilerei von der Bühne geschmissen und liefen fluchtartig mit unseren demolierten Instrumenten davon. Lachend und glücklich.
Nun fand ich es an der Zeit, meine künstlerische Laufbahn zu beenden. Ich zerhackte das Schlagzeug in seine Einzelteile, holte meine Schulbücher, meine Hefte, die Zeichnungen und baute im Garten einen feinen Scheiterhaufen. Zuoberst stellte ich Tantes Kriegspuppe aus dem Keller. Dann verabschiedete ich mich von Tante und der Schule und verschwand noch bevor die Feuerwehr eintraf. Ich war siebzehn.

Nachbarin I

(Inhaltsverzeichnis)

Es läutete, ich schreckte hoch, musste wohl geträumt haben. Schwankend öffnete ich die Tür.
„Kann ich bei dir duschen?“
Nein. Ich warf die Tür zu. Es war die Nachbarin.
Ich latschte zum Kühlschrank und schnappte mir ein Bier. Patzte mir beim Öffnen die Socken voll. Ging zum Fenster, zündete mir eine Zigarette an und versuchte, die Kratzgeräusche, die die Nachbarin da draußen an der Tür verursachte, zu ignorieren.
Ich beobachtete im Baum einen Vogel, der einen anderen Vogel vergewaltigte. War etwas verkatert. Das Kratzen an der Tür nahm kein Ende. Jetzt trommelte sie mit ihren Fingernägeln an die Tür. Wieder ging die Glocke mit ihrem schrillen Schrei los.
„Also was ist?“, fragte ich die Nachbarin durch die geschlossene Tür. Ich spähte durch den Spion und bemerkte erst jetzt, dass sie mit einem Bademantel bekleidet war und auf dem Kopf irgendein Handtuch zu einem Turban verdreht hatte.
„Ich hab wieder Probleme mit dem Wasser und wollte dich fragen, ob ich bei dir duschen kann!“, krächzte sie mit verschlagener Stimme, „Komm schon, Matla, hier zieht’s!“
Es gibt zwei Kategorien von Menschen. Die, vor denen man ewig Ruhe hat und die, die vor der Tür stehen.
„Na gut, komm rein.“ Ich bin ja kein Unmensch. „Und mach’s kurz.“
Ich öffnete langsam die Tür und die Nachbarin hopste schnell durch den noch kleinen Spalt herein, so als fürchtete sie, ich könnte es mir von einem Moment zum nächsten anders überlegen. Und da hatte sie nicht Unrecht.
„Wie geht’s denn, Matlachen?“ Sie wollte mir einen Kuss aufdrücken, doch ich zog meinen Kopf mit einer Drehung gekonnt aus der Schlinge – ich glotzte besorgt auf die Uhr und tat so, als hätte ich es eilig.
Sie spazierte ins Wohnzimmer, sah sich um, tanzte dabei fröhlich im Kreis herum und zählte mir auf, was sich seit ihrem letzten Besuch in meiner Wohnung alles verändert hatte. Es handelte sich jedoch meist um Dreck.
„Schau bitte weg!“, sagte sie, machte Anstalten ihren Mantel zu öffnen und blickte mich dabei provozierend an.
Ich drehte mich schnell zu meinen Pflanzen und schaltete die Wachstumslampe ab. Die Nachbarin hatte heute wieder besonders gute Laune.
„Hast du heut überhaupt noch warmes Wasser?“
„Weiß auch nicht. Die Badewanne jedenfalls geht noch immer nicht. Musst die Dusche nehmen.“, sagte ich und fühlte meinen Puls an der Halsschlagader. Ich drehte die Wärmelampe wieder auf und zupfte etwas an den Blättern herum. Das ist alles, was einem in meinem Zustand bleibt.
Aus den Augenwinkeln sah ich, wie sich die Nachbarin nackt ins Badezimmer verzog, ihr Bademantel blieb leblos am Boden im Wohnzimmer liegen. Ich machte einen kräftigen Zug am Tschick und versuchte, mich zu entspannen.
Ich hörte, wie die Nachbarin einen angewiderten Schrei ausstieß.
„Sag mal, baust du in der Badewanne noch immer dieses widerliche Zeug an?“, rief sie.
„Reis. Es ist Reis.“, murmelte ich in mich hinein. Jede Erklärung war überflüssig, sie würde das nächste Mal wieder davon anfangen.
Ich stellte mich zum Fenster, kratzte einen Fliegenschiss weg, der mir dabei fast ins Auge gehüpft wäre, und suchte einen freien Platz im Aschenbecher. Mit dem Daumen zerquetschte ich den Tschickstummel. Wir alle waren nur ein Fliegenschiss auf der Erdoberfläche.
Bald darauf ging das Wasser an. Es war nicht zu überhören. Egal wer in diesem Haus den Wasserhahn aufdrehte, er setzte ein unglaubliches Inferno an Geräuschen in Gang. Einen kontinuierlichen, gehirnzerfetzenden Pfeifton und heftiges Rumpeln. Niemand konnte es sich erklären. Ich stellte mir immer vor, wie auf Grund der durchgerosteten Rohrleitungen aus dem zweiten Weltkrieg Teile der Zwischendecken geflutet wurden und das kochend heiße Wasser die fetten Ratten in Panik um ihr Leben rennen ließ.
Das Warten wurde mir bald langweilig. Scheinbar war noch genug warmes Wasser vorhanden, denn die Nachbarin ließ sich Zeit bei ihrer Dusche. Ich suchte mein Handy und ging damit leise zur Badezimmertür. Sie war nicht geschlossen. Ich drehte das Mobiltelefon langsam in meiner Hand und überlegte, ob ich ein Foto schießen sollte. Nein, es würde sich wahrscheinlich keiner an diesem Anblick erfreuen. Stattdessen wählte ich die Nummer der Nachbarin. Der Bademantel im Wohnzimmer klingelte. Scheißklingelton.
„Mein Handy läutet, Matla. Bringst du’s mir?“
Ich nahm den Bademantel und durchsuchte ihn. In der linken Tasche fand ich das Telefon, drei Tabletten, eine davon gelb, und ein mittelgroßes Zäpfchen. In der rechten eine Haarbürste und ein grünes Höschen. Ich ging zur Badezimmertür zurück.
„Na komm schon! Gib‘s mir rein! Schnell!“, rief sie mir in einem einladenden Tonfall zu.
Ich wartete bis das Handy der Nachbarin von selbst zu läuten aufhörte. Ehrlich ein Scheißklingelton. Einer von denen, die dich ins Irrenhaus bringen.
„Na geh! Was bist du nicht reinkommen und hast es mir gegeben, Matla?“
Ich weiß nicht, die Nachbarin ist eine Art Exhibitionistin.
„Du bist heute wieder mal sehr komisch, Matla!“, seufzte sie und drehte das Wasser ab. Das Pfeifen und das Rumpeln hörten sofort auf. Man konnte richtig spüren, wie sich die Nerven eines ganzen Hauses beruhigten.
Ich ging aufs Clo und blieb dort bis ich sicher war, dass die Nachbarin wieder ihren Bademantel anhatte.

Ich beobachtete sie, wie sie sich mit dem Handtuch, das ihr vor der Dusche als Turban gedient hatte, heftig die Haare abruppelte und danach in erstaunlich kurzer Zeit mit einer Bürste wieder Ordnung in dieses Chaos brachte.
„Hast du was zu trinken, Matlachen?“
„Ja, etwas Wein. Aber ich muss dann noch arbeiten, du wirst also bald gehen.“, sagte ich. Ich angelte ein Glas aus dem Misthaufen in der Spüle, wusch den gröbsten Dreck ab und schenkte der Nachbarin ein Vierterl ein. Sie nahm es dankbar an und machte einen kräftigen Schluck. Dann schnorrte sie sich noch eine Zigarette.
„Matlachen, ich hab einen Psychotest für dich gemacht.“, eröffnete sie und legte sich mit einem kecken Blick aufs Sofa.
„Hm, Psychotest für mich gemacht. Versteh ich nicht.“ Ich versuchte mich zu konzentrieren.
„Jaja, du bist ein sogenannter ‚Verträumter Individualist‘, mein Lieber. Ja, so schaut’s aus!“, kicherte die Nachbarin. Sie rückte ihre Titten zurecht, die aus dem Bademantel zu rutschen drohten.
„Blödsinn. Ich bin doch nicht verträumt! ‚Verkappter Kommunist‘ würde besser zu mir passen!“, ich lachte spöttisch – aber nur kurz, denn Politik war mir eigentlich schnurzegal. „Du, ich glaub, du kannst nicht einfach hergehen und einen Psychotest für andere Leute machen. Das geht nicht. Du kannst für mich vielleicht den Müll runter schleppen, aber du kannst für mich keinen Psychotest machen. Du kennst mich ja gar nicht in Wirklichkeit.“
„Ich kenne dich besser als du denkst. Nach all den Jahren! Matlachen, ich bitte dich!“
„Hör auf mit dem ‚Matlachen‘, das geht mir auf den Sack!“, maulte ich.
Jahre! Ich trank mein Glas mit einem Riesenschluck aus – was auch schlagartig meinen Kater in Luft auflöste – und schenkte mir und der Nachbarin noch nach. Langsam besserte sich meine Stimmung.
Ich sagte:“Weißt du, ich hab auch mal so einen Test gemacht.“
„Ja?“
„Ja.“ Ich ließ mich mit einer neuen Zigarette ins Fauteuil fallen. „Und zwar einen Autismustest.“
„Echt? Für mich?“, fragte die Nachbarin.
„Nein, für mich. Und zwar sind irgendwelche Forscher draufgekommen, dass die Grenze zwischen Autismus und Nicht-Autismus ziemlich wässrig ist. Man kann nicht sagen, der ist ab dem und dem Zeitpunkt Autist oder der ist keiner. Weißt du? Kann also gut sein, dass wir beide ziemlich autistisch sind und keiner merkt’s. Meine Punktezahl bei diesem Test jedenfalls war eher hoch. Was bedeutet, dass ich ein ziemlicher Autist bin.“
Schlagartig verstummte die Nachbarin ob dieser neuen Informationen. Man konnte geradezu ihre Gedanken rasen hören, wie sie versuchte, ihre Welt neu zu ordnen, mich in einer anderen Schublade unterzukriegen.
Eine Weile saßen wir einfach nur da, tranken, ich konnte es dennoch nicht genießen.
„Schenkst mir noch nach?“, unterbrach die Nachbarin die Stille geistesabwesend. Sie sah noch immer mit gefurchter Stirn in ihr Weinglas und versuchte aus mir schlau zu werden.
Gut. Arbeiten konnte ich heute sowieso vergessen und Lust hatte ich auch keine mehr. Wir tranken außerdem schnell. Das bedeutete nichts Gutes.
„Aber nachher musst du wirklich gehen. Ich muss echt noch was hackeln, sonst bekomm ich Ärger.“ Und während ich routiniert die Gläser füllte, erzählte ich noch mehr.
„Weißt du, die Geschichte geht ja noch weiter. Da gibt’s eine leichte Form des Autismus, das sogenannte Asperger-Syndrom. Mangelndes Interesse an sozialem Umgang, Unfähigkeit im sozialem Verhalten, eigenartig starrer Blick und sowas. Es fällt vielleicht gar nicht jedem auf, nur den engsten Verwandten. Hab da bisschen was gelesen darüber. Trifft irgendwie vieles auf mich zu.“
„Hm, ja. Irgendwie schon. Jetzt wo du es sagst.“, murmelte die Nachbarin nachdenklich.
„Aber das wichtigste an diesem Asperger-Syndrom ist, dass man in irgendeinem Bereich eine extreme Gabe hat. Man ist da das volle Genie. Weißt du? Man kann Dinge, die sonst keiner kann. Man versteht Dinge, die sonst keiner versteht. Und es gibt da nicht wenig Prominente, die das haben. Oder hatten. Und ich habe dazu auch eine eigene Theorie…“
„Wirklich? Wer hat das zum Beispiel?“, interessierte sich die Nachbarin.
„Naja. Beethoven, Mozart, Kafka, Thoreau, äh….. Einstein, Edison, Bill Gates und…. ja auch Bob Dylan. Und viele mehr. Die alle haben die Welt irgendwo stark beeinflusst. Musikalisch, künstlerisch, technisch, philosophisch, was auch immer. Diese Asperger-Syndrom-Typen haben…. andere Gedanken….. Die sehen die Welt aus einer völlig anderen Perspektive und können da ansetzen. Verstehst du mich? Und ich sag dir noch was. Weißt du, was ich glaube? Ich glaube, die Menschen würden noch immer in Höhlen sitzen und Steine klopfen, wenn es keine Autisten gäbe. Ich glaube, die Autisten haben die Welt zu dem gemacht, was sie heute ist. „
„Hm. Das ist deine Theorie?“
„Genau.“
„Klingt aber nicht sehr plausibel, Matla. Du erzählst mir da schon wieder irgendeinen Scheiß.“
„Warum? Du weißt doch, vor ein paar tausend Jahren gab es da diesen plötzlichen Sprung, den die Menschheit gemacht hat. Zuerst Jäger und Sammler und dann, Peng! , Ackerbau und Viehzucht. Ich sag dir, irgendein Asperger-Genie hat sich damals einfach gedacht: ‚Hey, wir sind eigentlich Idioten. Jagen da den Mammuts nach, suchen im Dreck nach Beeren. Wozu? Lasst uns doch einfach Spinat anbauen!“
Die Nachbarin lachte: „Und warum hast du mir da letztes Mal was von Außerirdischen erzählt?“
„Außerirdische? Ja, die haben die Menschen gezüchtet und ihnen die Autisten als geistige Führer gegeben.“ Ich fühlte meinen Puls an der Halsschlagader. Er raste, musste die Nachbarin schleunigst los werden. „Du, nach der nächsten Flasche gehst jedenfalls nach Hause.“

(Inhaltsverzeichnis)

Kulinarisches Gemetzel

Siehst du das? Ein Schlachtfeld! Links oben ein Stück Käse mit starken Abschürfungen. Schrecklich! Schmerzhaft! Daneben nur noch die Innereien eines Paprikas, von Aasgeiern ausgeweidet! Rechts, noch mehr Käse, bereits von Verwesung befallen, verstümmelt! In der Mitte, einsam geräderte Salami, blass, tot. Die Fetzen herum, verstreut auf der Walstatt als Zeugnisse des grausamen Seins!
So sieht es aus, wenn Matla in die Mittagsschlacht gezogen und für die Vernichtung des Hungers eingetreten ist! Bis zum letzten Tropfen Bier!

Ich aas:
1 Zusammenstellung abstoßender Nahrungsmittel, deren Alter schon ihre Hässlichkeit übertrifft!

Hurensmontag

Wieder so ein Montag. Die weiße Anstalt verdächtig leer. Am Gang traf ich einen, wir blieben kurz stehen und sahen uns stumm an. Keinem fiel etwas Intelligentes ein und wir gingen wieder unsrer Wege. Bei Billa stand ich viel zu lange vor dem Eierregal und dachte über Reis nach. Erst als mich ein Regalbetreuer zur Seite stieß, kam ich etwas zu mir und latschte zu den Süßigkeiten. Während sich mein Blick dort zwischen Zucker und Likör verlor, rannten mir ein paar Schulkinder über die Schuhe und ein Hund schnupperte an meinem Arsch. An der Kassa vor mir eine alte Hure. Roch nach kalter Tschick und abgestandenem Bier. Als sie mich bemerkte, sagte sie:
„Na?“
„Nana“, brummte ich und wechselte die Warteschlange.
Vor dem Billa machte ich mir eine Dose Bier auf und wartete auf sie. Ich beobachtete wie die alte Hure torkelnd zwischen den Häusern verschwand.
In der leeren Anstalt stellte ich mich mit dem restlichen Bier zur Rezeption und rülpste, dass die Fenster vibrierten.
Schön.

Ich aas:
1 Dose Bier

 

Du Reissack!

Habe in der weißen Anstalt angerufen. Hexenschuss. Kann nicht kommen. Bei Ausreden, um mir Arbeit vom Hals zu schaffen, bin  ich sehr kreativ.
War aber vielleicht ohnehin ein Fehler, weil mich dafür die Nachbarin sekkiert hat. Sie hat gekocht und mir befohlen, ein Kaffeehäferl mit Reis zu füllen. Ich habe mich grün und blau geärgert. Und sie, die Nachbarin, weiß ganz genau, dass ich mich beim Kochen immer grün und blau ärgern muss!
Beispiel: die Nachbarin kauft den Reis nämlich immer in einem Plastiksack, der, sobald man in auch nur irgendwie berührt, nach allen Seiten aufreißt. Nur nicht dort, wo er aufreißen soll! Das sieht dann jedes Mal so aus, dass der Reissack – für mich ist das wie ein Schimpfwort: du Reissack – einen Riss von der oberen Mitte senkrecht nach unten hat. Der Effekt davon ist, dass, egal wie man ihn beim Umfüllen dreht und wendet, der Reis völlig überstürzt aus dem Reissack fällt und zwar nicht dorthin, wohin er soll, nein, sondern über die ganze Arbeitsfläche und auf den Boden. In schmale Ritzen, ins Bier. Überall hin. Nur nicht in das Scheißkaffeehäferl!

Gerechtigkeit muss jedoch sein. Ich starte meinen Gegenangriff mit – und das hasst die Nachbarin – Helge:

Ich aas:
1 Thunfisch mit Reis aus dem Reissack

Du Reissack!

Nix tuta kapiern

So unwahrscheinlich es auch für manche Menschen in meiner Umgebung klingen mag: ich dusche. Und zwar nackt. Aber eben nicht einfach täglich, sondern nur, wenn ich es als notwendig erachte. Ist doch intelligent gelöst oder nicht?
Gestern war es wieder soweit. Ich stand unter der Dusche. Nackt. Und die Nachbarin hatte sich aus der Küche eine leere Bierkiste geholt und sich damit mit genug Sicherheitsabstand zu mir gesetzt. Sie beobachtete mich. Beim Duschen. Ich war nackt.
„Was wird’n das?“, fragte ich sie, meine Stirn genervt gefurcht. Duschen. Nackt.
Das Wasser rann mir in die Ohren, ich verstand nur etwas wie „Valium“.
„Was is mit’n Valium?“
„Ich evaluiere!“, berichtigte mich die Nachbarin mit neugierigem Blick.
Gut, soll sie doch, dachte ich mir und fragte nicht. Ich duschte weiter. Nackt.
Nach einiger Zeit sprang sie plötzlich von ihrer Bierkiste auf und rief:
„Ha! Das gibts doch nicht! Du nimmst meine Seife, wäscht dir damit den Arsch und danach seifst du dir damit die Haare und das Gesicht ein? Was ist denn das für ein beschissenes System?“
Ich verstand nichts und massierte mir in aller Ruhe den Seifenschaum in die Kopfhaut ein, während ich den Mund der Nachbarin mit meinen Augen fixierte.
„Du hast kein eigenes Duschgel, nimmst nicht mal Shampoo für die Haare! Was soll das?“
Ich steckte mir die eingeseiften Finger in die Ohren und kratzte den Dreck heraus.
„Was sind das denn für seltsame Fragen?“ Ich stand voll auf der Leitung. „Ich dusche.“
Die Nachbarin schnappte ihre Bierkiste und verließ mit einem lauten Türknallen das Badezimmer.
„Und ich bin nackt!“, plärrte ich ihr hinterher.
Danach roch die Nachbarin an meinen Haaren. Natürlich versuchte sie dabei zu begrapschen, aber sie schlug meine Hand weg und grunzte nur.

Was auch immer ich falsch mache, es tut mir leid.

Oder auch nicht. Ich aas:
1 Mohnflesserl mit EKG

Nix tuta kapiern

Flexid und durchgewoben

Kennt ihr die Typen, die bei Konzerten immer am Rand stehen und sich wie irre die Seele aus dem Leib tanzen? Die Nachbarin gehört zu ihnen.
Wir waren am Samstag im Flex beim Woven Hand Konzert. Während ich mir einen Becher Bier nach dem anderen reinlehrte, tanzte die Nachbarin als wäre sie vom Teufel besessen. Aber kein Wunder, sogar ich bin in Ekstase geraten und habe begonnen, mit der linken Fußspitze im Takt mitzuklopfen.
Ich mag Edwards schon seit den Zeiten von 16 Horsepower. Wie ein Prediger steht er auf der Bühne und beschwört seinen Gott mit grimmiger Miene, grimmiger Gestik und grimmiger Musik.
Davon kann mein Gehirn mindestens noch zwei Tage leben.

Brunnhilde. Mehr liebliche Vater-Sohn-Geschichten gibt es in meinem unveröffentlichten Bestseller „Berge, Bier und Runzeltitten“. Viel Spaß.

Ich aas:
1 Ding mit Allerhand
1 Teller Weintrauben

Flexid und durchgewoben