Anstalt

Der Boden in der Anstalt ist grau und besteht aus einem Material, das die Füße schwer werden lässt, und aus einer Farbe, die Schwindel verursacht. Die Bildschirme haben einen Defekt, denn die Augen ermüden ungewöhnlich schnell. Aus der Zuckerdose kratze ich jeden Tag den letzten Rest. Der Kaffeesatzbehälter ist immer voll und der Kaffee in Wirklichkeit koffeinfrei. Das Trinkwasser ist mit Schlafmittel versetzt. Die Scheißhauskabinen werden mit Betäubungsgas geflutet und die Pissbecken mit Nervengas, das den Schwanz verschwinden lässt, berieselt. Warum die Augen und Hoden vollständig eintrocknen, habe ich noch nicht herausgefunden. Die Fenster filtern die Freundlichkeit der Sonne weg und lassen sie wie ein Riesenarschloch am Himmel hängen. Auf die Gesichter der „Kollegen“ wird etwas Unsympathisches projiziert, das man nicht näher definieren kann. Die Scheiße, die aus den Belüftungsanlagen strömt, enthält keinen Sauerstoff. Von den Tastaturen bekommt man juckenden und eitrigen Ausschlag auf den Fingerkuppen. Du hast irgendwie ständig das Gefühl, als würde jemand hinter dir stehen und dir die Kehle zudrücken. Die Sessel sind so konstruiert, dass man ununterbrochen die Position wechseln muss. Alle Fluchtwege führen im achten Stock aus dem Fenster hinaus. In unregelmäßigen Abständen hört man einen hohen Quietschton, den man nicht lokalisieren kann. Im Raucherzimmer ist immer um ein Platz zu wenig und die Lüftung aus der Tiefgarage mündet darin. Die Computermäuse gleiten nicht, sie kratzen am Tisch herum. Und die Ratten können fliegen.

Ich aas.

Anstalt.

Frühlingsscheiß

Im Frühling fühlt sich die Nachbarin stets bemüßigt, im Freien herumzugehen. Niemand wird je verstehen, warum. Niemand! Und mich jammert sie so lange an, bis ich mitgehe. Und niemand wird je verstehen, warum sie mich mitnimmt. Ich bin eine Koryphäe im Launeverderben und  ein hervorragender Stimmungstöter! Wenn sie zum Beispiel einen in voller Blüte stehenden Baum bewundert, stehe ich wie ein kleiner Giftzwerg daneben und schiebe Meldungen wie: „Ja, und voriges Jahr war’s so und nächstes Jahr wird’s auch wieder so sein.“
Man trifft bei diesen wertlosen Spaziergängen ohnehin immer die halbe Stadt. Letztens auch. Die Alte mit dem Hund. Die Nachbarin und sie… endloses Getratsche während ich mir gelangweilt die Füße in den Bauch stand und mich das Arschloch von einem Köter anknurrte. Bis ich die Alte fragte, ob sie sich mit Hundeanatomie auskenne.
„Jaja, die Grundlagen halt. Hihi.“
Weil ich schon immer wissen wollte, wo man einem Hund am besten das Messer reinschiebt, wenn er sich an einem verbeißt. Sehr schnell konnten wir weitergehen.
Irgendwann kamen wir dann völlig zerstritten zu einer Wiese. Die Nachbarin wird nämlich extrem streitlustig und aggressiv, wenn sie bergauf gehen muss. Sie macht es trotzdem… auch so eine Sache, die niemals jemand verstehen wird. Und ich hatte schlechte Laune, weil mir so heiß war. Mir wird immer so schnell heiß… Das Wort „heiß“ tritt es nicht so wirklich… mehr die Dialektversion davon: haaß. Mir wird immer so haaß. Also diskutierten wir auf dieser sonnenverseuchten Scheißwiese, von blühenden Bäumen umzingelt, wer nun eigentlich Schuld an allem war. Als ich dann mein Hemd auszog, weil ich es vor lauter Hitze nicht mehr aushielt, fingen auch noch ein paar verängstigte Kinder zu kreischen an.
Es reicht. Der nächste Spaziergang erst wieder 2019.

Ich aas:
1 Semmel mit Extra, Gouda und Ei
1 Apferl

Christnudlmarkt

Jedes Mal, wenn ich Nudelsuppe esse, muss ich an diese Weihnachtsgeschichte denken. Als die Nachbarin und ich auf einem Christkindlmarkt waren… weiß leider nicht mehr, welcher… es war aber hügelig und gatschig… na jedenfalls hatte ich damals die glorreiche Idee mit meinen sommerlich luftigen Stoffhalbschuhen dorthin zu  latschen. Nicht nur, dass meine Füße binnen kürzester Zeit batschnass und völlig unterkühlt waren, nein, der eine übernervöse Typ mit seiner Gastritis kotzte mir auch noch eine delikate Mischung aus Jagatee und Nudelsuppe drauf. Habe tagelang einzelne Nudelstücke aus den Schuhen gefischt, wobei ich mich immer fragte, ob ein Christkindl eine Nudel hat. Als der ständige Gestank im Vorzimmer der Nachbarin zu viel war und sie die Schuhe in die Waschmaschine steckte, lösten sich die dünnen Sohlen vom Stoff ab und das war’s mit meinen Schuhen.
Seither gehe ich nicht mehr zu Christkindlmärkten und wenn es denn wirklich sein muss, so nur in Gummistiefel.
Wollt’s nur gesagt haben.

Ich aas:
1 Nudelsuppe

Klaffende Sportslöcher

Ich war neuen Schuhen gegenüber immer schon etwas skeptisch. Man weiß ja nie, in was man da seinen Fuß gerade steckt! Am Boden klaffen zwei dunkle Löcher und stieren einen unheilverheißend an, flüstern mit einer krächzenden Hexenstimme leise: „Komm, gib uns dein Füßchen. Wirst schon sehen, alles ist gut. Vertrau uns“.
So war es auch bei meinen neuen Sportschuhen. Vorsichtig stellte ich sie vor mich hin – ich wartete natürlich, bis die Nachbarin weg war, stellte alle Elektrogeräte ab, verdunkelte die Fenster – und zog mir die Socken aus. Während ich mit den neuen Schuhen ein zaghaftes erstes Gespräch begann, schmierte ich meine Füße sorgfältig mit Vaseline ein. Bevor ich es aber wagen konnte, meine Füße ins Unbekannte zu schicken, holte ich mir aus dem Schrank über der Abwasch noch die Flasche Kräuterschnaps und zog mir zwei Stamperl rein… kennst du das Gefühl? Wenn du weißt, der unausweichliche Moment kommt auf dich zu, jeden Moment passiert es, gleich fällt das Fallbeil, nur noch Sekunden… da werden die Sekunden zu Minuten, ja zu Stunden. Jede noch so kurze Millisekunde, die du noch im derzeitigen Zustand, vor diesem unausweichlichen Moment, verweilen kannst, ziehst du mental in die Länge, versuchst die kurze Zeit, die dir noch bleibt, das Leben voll auszukosten. Ja, kennst du! Und genau so fühlte ich mich, als meine Füße sich den neuen Sportschuhen näherten.

Wie sich meine Beziehung zu den neuen Schuhen vertiefte, erfährst du – naja, wenn ich sehe, wie viel Inhalt heute rübergekommen ist – während der nächsten Monate.

Ich aas:
2 Brot mit Salami und Geheimratskäse

Gschlapfter Streit

Manchmal will die Nachbarin einfach Streit. Ich kann das verstehen. Es liegt ihr im Blut. Macht gar nichts. Ich unterstütze das sogar. Ja. Um es für sie nicht langweilige werden zu lassen, reagiere ich je nach Lust und Laune oder Tagesverfassung unterschiedlich. Manchmal lass ich es einfach über mich ergehen, ein anderes Mal steigere ich mich voll rein, und ab und zu beende ich den Streit vorzeitig durch die Übermacht an körperlicher Kraft… indem ich sie z.B. bändige, fessle und dann zu lecken beginne… oder solange kitzle bis sie mir eine abschließende Ohrfeige gibt und sagt: „Du bist ein Arschloch.“

Gestern war wieder so ein Tag. Ich merkte, dass sie streiten will, als wir beim Fernseher lagen. Da sah sie nicht auf den Fernseher, sondern mich an. Ich beobachtete das aus den Augenwinkeln und bereitete mich seelisch auf eine Eskalation vor. Dann begann das Spiel:
„Matla, ist es dir eigentlich völlig egal, was ich von dir halte?“
Ich antwortete nach drei Sekunden in einem gelangweilten Ton: „Hm? Was ist?“
„Ich meine, wie siehst du eigentlich aus? Du liegst da in meinem Bademantel, der dir viel zu klein ist. Deine haarigen Eier hängen raus. An den Füßen die schönen Ballschuhe, die ich dir vor ein paar Monaten gekauft habe. Sonnenbrille im Gesicht, ich meine, was soll das?“
„Hm? Naja, ich habe dir ja gesagt, dass ich Badeschlapfen will. Du wolltest mir die Ballschuhe kaufen. Und weil ich nie auf einem Ball war und nie auf einen Ball gehen werde, nehme ich die Scheißballschuhe eben als Scheißbadeschlapfen.“
Also du siehst, wie das läuft. Die Nachbarin greift mich völlig irrational und grundlos an und ich bleibe ruhig, distanziert und logisch.

Welche Taktik ich dieses Mal verwendet habe, um den Streit zu beenden – oder nicht – überlasse ich deiner dreckigen Phantasie.

Ich aas:
1 Kornspitz mit EKG

Gschlapfter Streit

Stimmen beim Brandinesa

Und dann ging Matla mit seinen Stimmen zum Brandinesa. Alle waren dabei. Das lustige Grüppchen marschierte fröhlich und lachend die Straße entlang, Matla einige Meter hinter ihnen. Missmutig, seinen Blick auf den Boden gesenkt, die Stirn in Falten. Vanacoud hüpfte mitten unter ihnen auf und ab und schrie fast schon hysterisch: „Matla, komm schon! Geh schneller!“
Die dicke Brunnhilde betrat zuerst den Brandinesa… eigentlich wollte sie mit ihren dicken Fingern normal die Eingangstür öffnen, ihre Wampe und ihr Busen standen aber so weit vor, dass sie die Tür damit einfach eindrückte und den Kellner, der gerade eifrig zu Kunden laufen wollte, samt seinen Tablett quer durch das Wirthaus schleuderte. Herr Rudolf, der als nächster eintrat, sprang sofort dem jammernden Kellner zu Hilfe – von Kollege zu Kollege – und streichelte ihm das schmerzende Steißbein. Nun kam Johannes, der Furzer, der mit seinen Riesenfüßen gleich mal auf ein paar übergewichtige Kinder latschte, die gerade das Spektakel verfolgten. Schade drum, dachte sich Bob und stieg emotionslos mit einem großen Schritt über die Fettflecken, holte auch sogleich einen Kamm hervor, der mit schimmligen Schuppen übersät war, um seinen Moustache zu korrigieren. Als Sonja den Brandinesa betrat, füllte ihr Östrogenspiegel sofort den ganzen Raum aus. Der große Hund vom Wirten, der als erstes männliches Wesen darauf reagierte, kam auf der Stelle mit weitaufgerissenen Augen aus der Ecke geschossen und begann wie irre scharwenzelnd und speichelhechelnd unter ihrem Leopardenminirock herumzuschnüffeln. Vor Matla kam noch Vanacoud herein, der sich sofort auf den freien Platz des Wirtshaushundes kuschelte. Als Matla in der Tür stand, fragte der überkorrekte Bob sogleich: „Wo ist denn knofl geblieben?“
„Ach Gott!“, sagte Matla übelgelaunt und betrachtete seine linke Schuhsohle. „Da ist sie ja. Bin in Hundescheiße getreten.“

Ich aas:
1 Weckerl mit Zwiebelstreichwurst
2 Jausensalateier

Stimmen beim Brandinesa

Agaffine Sitzung #2

„Und können Sie die Stimmen auch… naja… sehen, Matla?“
„Hmmm, ja. Eigentlich schon… also mehr oder weniger…“
„Und wie würden Sie sie beschreiben?“
„Hm, ja… gute Frage… fangen wir mal mit den Herrn Rudolf an. Der sieht aus wie der Kellner in einem Wiener Kaffeehaus. Lang, dünn, mit dem typischen schwarzen Anzug, weißes Hemd… Umstandsmeier… ja, dann der Furzerjohannes. Der ist wiederum mehr wie ein Hobbit. Klein und dick… und hat so Riesenfüße mit vielen Haaren drauf, sodass er gar keine Schuhe mehr tragen kann… er hat wie ich so eine schreibende Zwangsneurose… Sonja ist… eine Pornosau. Ja! Total versaut mit großen Titten… sehr gute Bauchtänzerin… trägt genietete, nach Sperma riechende Lederjacken und lacht gerne. Brunnhilde ist mehr die Big Mama, die nie lacht. Mit Flügeln am Kopf… statt der Ohren… weiß auch nicht, wieso. Wenn man der falsch kommt, zerquetscht sie einen mit ihrer gewaltigen Masse… Damenbart, schlecht rasiert, aber trägt gerne Tigerunterwäsche. Bob… hm… ist eher der korrekte Typ… fette Haare mit Linksscheitel… Hosenträger, Hornbrille, Moustache… kleine Schuhgröße, aber dafür große Augen, riecht nach Pitralon und mag japanische Zeichentrickfilme. Vanacoud sieht wie ein Kasperl aus. Lange Nase, abstehende Ohren, Hasenzähne, kleine Augen, leichter Buckel. Rote Kappe verkehrt herum am Kopf. Aber am schlimmsten ist knofl. Die einfach nur klein, dünn und blöd. Sieht eher aus wie eine alte Krautstaude.“
„Gut. Halten wir das fest und schlafen wir darüber.“

Ich aas:
1 Tube Agaffin, denn die Stimmen verursachen auch Verstopfung

Agaffine Sitzung #2

Kalt auf Deutsch (Österreichisch)

War beim Billa. Im Hemd. Mann, wo soll das hinführen? Wie warm ist es? Zwanzig Grad?

Ich erinnere mich, damals nach dem Krieg, als ich noch ein Gschropp war, da haben wir uns schon zu Allerheiligen im Schnee die Füße in den Bauch gestanden, damals nach dem Krieg am Friedhof. Alle mit dem faden Aug‘ und einer Rotzglocke an der Nase… der Bart vom Opa war immer ein eitriger Eiszapfen, weil’s Rotz darauf eingefroren ist… und die Bärenfut am Plutzer, damals nach dem Krieg, am Friedhof. Sogar die Kerzerln wollten nicht recht brennen, damals… und das Zumpferl war auch kalt… man musste unauffällig die Hände einstecken, damit man es massieren kann, das Zumpferl, um Erfrierungen vorzubeugen… das arme Zumpferl, damals nach dem Krieg am Friedhof. Die Blasmusik war auch dabei… die konnten nur zwischen ihren Liedern die Zumpferl massieren… ’s muss gefroren gewesen sein, damals nach dem Krieg am Friedhof… und der Pfarrer? Der hatte kein Zumpferl, so dachte ich mir das damals am Friedhof, nach dem Krieg.

Ich aas:
1 Toastbrot mit Schinken
1 Käse
1 Paradeiser
1 Haufen Rehbemmerl, wie damals nach dem Krieg am Friedhof? Nein, Oliven!

Kalt auf Deutsch (Österreichisch)

Scheißkatzensprung

War heute zum ersten Mal seit meiner Rückkehr aus Costa Rica bei der Nachbarin. Sie hat mich angerufen, weil sie mir etwas zu essen gekocht hat. Reis mit… äh… Gemüse, weiß nicht wie das Zeug heißt… der Name klang so ähnlich wie „Melodram“.
Die Nachbarin war nicht unglücklich mich zu sehen. Als ich in ihrer Wohnung stand, gab sie mir links und rechts einen Kuss auf die Wange. Normalerweise hasse ich das. Zuerst erkannte sie, dass ich neue Schlapfen an den Füßen hatte, und dann plötzlich machte sie vom Stand weg einen 3-Meter-Sprung nach hinten ins Wohnzimmer… so wie ihre Scheißkatze, wenn sie etwas beschnüffelt und es sich plötzlich bewegt… Scheißkatze, blöde… noch immer in der Wohnung… Na jedenfalls war die Nachbarin im Gesicht mit einem Schlag so weiß wie Schnee.
„Was ist mit deiner Zehe passiert?“, rief sie mir aus dem Wohnzimmer zu, hielt sich mit weit aufgerissenen Augen die Hand vor dem Mund und verschanzte sich hinter dem Sofa.
„Is‘ nicht weiter schlimm. Aber das solltest du mal sehen.“
Dann zeigte ich ihr meinen Feuerschwanz.

Ich aas:
1 Teller Ries mit Melodrama

Putzland IIIII

Hier gehts zum Anfang der Geschichte

Ein garst’ges Spiel trieb der Putzteufel mit den Putzfrauen und Putzmännern! Denn plötzlich fand der Putzteufel nicht nur Dreck am Hauptplatz, sondern auch Dreck auf den Putzfrauen und Putzmännern selbst! Sie hatten sich irgendwie mit dem Dreck „angesteckt“. Der Putzteufel sagte dem einem: „Du, auf dem Rücken von deinem Nachbarin ist’s so dreckig. Putz ihn doch mal richtig durch! Aber steck‘ dich bloß nicht selbst an!“ Und dem Nachbarn sagte er: „Du, dein Nachbar, der hat so dreckige Füße. Wasch ihm doch mal so richtig den Dreck ab! Aber paß auf, dass du dich nicht ansteckst!“
Na, du kannst dir schon vorstellen, was dabei herauskam. Das Putzvolk, das zuvor glücklich, ohne Angst und ohne Dreck fröhlich in den Tag hineinlebte, verfiel der Putzwut! Es putzte nun nicht mehr um der Sauberkeit willen, sondern nur noch aus Angst. Aus Angst, sich mit Dreck anzustecken, putzten sie sich buchstäblich gegenseitig hinunter.

Weiter zu Teil 6

Ja, so war das damals im Putzland. Lesen Sie in der nächsten Folge, wie das Putzvolk gerettet wurde, FAST gerettet wurde, denn dann offenbarte der Putzteufel erst sein wahres Gesicht!

Ich aas:
1 Paprika, der wie ein echter Paprika aussieht: zerwurschtelt und eingeschnorcht.